Ein Nachruf auf den "Equal Pay Day" mit GPA-Frauenvorsitzender Ilse Fetik.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Wiener Zeitung":So wie die Bundesvorsitzende der Jungen Industrie, Therese Niss, möchten viele Frauen nicht als Quotenfrau gesehen werden. Was meinen Sie?Ilse Fetik: Diese Frauen sind schlecht beraten. Denn es geht um eine gerechte Verteilung von Macht. Eine Quote ist notwendig, weil auf freiwilliger Ebene im Grunde nichts Wesentliches weitergebracht werden kann.
Einkommenstransparenz in den Betrieben, eine Frauenquote bis 2013, Gehaltsangaben in Stelleninseraten - alles freiwillige Maßnahmen.
Falls die Maßnahmen nicht greifen, müssten Sanktionen angedacht werden. Immerhin 70 Prozent der Betriebe in Österreich ab 1000 Mitarbeiter haben die Einkommen gegenüber dem Betriebsrat transparent gemacht.
Wie sieht das Ergebnis aus?
Sehr unterschiedlich. Es gibt natürlich eine Verschwiegenheitspflicht. Allerdings lassen sich folgende Nachteile für Frauen erkennen. Sie verdienen weniger, weil die Karenz nicht angerechnet wird, der Präsenzdienst aber schon. Weil Gehaltserhöhungen auf einer ununterbrochenen Dienstzeit basieren. Bei der Kinderzulage etwa wird bei Teilzeit nur die Hälfte ausbezahlt. So als hätte die Frau auch nur ein halbes Kind. Auch die Anerkennung außergewöhnlicher Leistungen ist in den Verträgen unterschiedlich geregelt. Vieles passiert aber auf Basis einer nicht bewussten Diskriminierung.
Was sind die Ursachen der Benachteiligung von Frauen?
Zwei Punkte. Erstens passiert diese schon beim Einstieg. Frauen sind weniger selbstbewusst und energisch als Männer. Der nun von der Regierung eingeführte Online-Gehaltsrechner soll hier Abhilfe schaffen. Auch werden Firmen, die in ihrem Stelleninserat keine Gehälter angeben, ab 2012 mit Sanktionen belegt. Und zweitens ist der Berufsverlauf zwischen Frau und Mann unterschiedlich. Das beginnt damit, dass Frauen sich ihre berufsbegleitende Weiterbildung oft nicht anrechnen lassen. Man muss die Frauen ermutigen, diese Schritte zu tun.
Frauen arbeiten oft nicht freiwillig Teilzeit. Besonders schwierig wird es, wenn die Kinder in die Schule kommen. Wer betreut den Nachwuchs bei zwölf Wochen Ferien, wenn Frau oder Mann fünf Wochen Urlaub hat?
Das Thema ist bekannt. Die Regierung will die Schulbetreuung weiter ausbauen. Allerdings sind wir noch weit davon entfernt, dass die Eltern ohne hohen Organisationsaufwand ganztags arbeiten können. Die Kindergartenmilliarde soll hier in Sachen Betreuung eine erste Abhilfe schaffen.
Dramatisch ist, dass zwar die Frauenerwerbsquote steigt, die Frauen aber immer weniger arbeiten, also in Teilzeit sind. Das wirkt sich in der lebenslangen Durchrechnung auf die Pensionen aus. Die Altersarmut darf nicht unterschätzt werden. Abgesehen davon, bleiben Frauen in Teilzeit noch immer Führungspositionen verwehrt.
Frauen arbeiten nach dem "Equal Pay Day" für den Rest des Jahres gratis. Um wie viel weniger verdienen Frauen?
Frauen verdienen um ein Viertel, nämlich um exakt 24,3 Prozent, weniger als Männer. Die Sozialpartner müssen jetzt die Ursachen für die Einkommensunterschiede analysieren, um endlich gezielte Gegenmaßnahmen setzen zu können. Ein wichtiger Punkt wird sein, dass die Kollektivverträge verbessert werden. Die Gehaltsverhandlungen der Metaller laufen dieser Tage. Die Dienstgeber könnten mit Anrechnung von Karenzzeiten zeigen, wie viel ihnen die Frauen wert sind.
Wenn Autorin Eva Herman meint, dass sich Frauen wieder mehr um Kinder und Haushalt kümmern sollen, meinen Sie . . .
Dass das eine sehr enge Sicht der Dinge ist. Frauen und Männer haben gemeinsam die Aufgabe sich um Familie und Beruf zu kümmern.
Zur Person
Ilse Fetik
Die Bundesfrauenvorsitzende der Gewerkschaft für Privatangestellte, Druck, Journalismus, Papier, Ilse Fetik (geboren 1957) ist Abteilungsleiterin, Betriebsrätin und Europa-Betriebsrätin der Erste Bank und im Vorstand der AK und PVA. Sie ist verheiratet und hat ein Kind.