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"Deficit spending" ist ein Begriff, der üblicherweise mit dem Staat in Zusammenhang gebracht wird. Während jedoch die öffentliche Hand in den vergangenen Jahren darauf bedacht war, ihre Schulden konsequent zu verringern, haben hierzulande die privaten Haushalte vermehrt auf Pump gelebt. Eine Begleiterscheinung dieser Entwicklung: Der Privatkonkurs boomt.
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Im ersten Halbjahr 2004 ist in Österreich die Zahl der Fälle um rund 32% auf insgesamt 2.732 gestiegen. 2.293 Privatinsolvenzverfahren (nach 1.784 im ersten Halbjahr 2003) wurden eröffnet, 439 (nach 287) Anträge mangels Masse abgewiesen, teilte Georg Kantner vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV) gestern mit.
Nicht nur die Ausgabefreudigkeit der Haushalte hat zum Anstieg bei den Privatkonkursen beigetragen. Kantner nannte als weitere Ursache auch die Konkursnovelle 2002, die Privatkonkurse mehr Menschen möglich macht. Insolvente Personen haben dadurch auch ohne aktuelles Einkommen die Chance auf ein Verfahren, an dessen Ende ein wieder schulden- und sorgenfreies Leben steht. Dass die Banken bei der Kreditvergabe zu leichtfertig sind, glaubt Kantner nicht.
Die "Konkursanten" - so der Fachausdruck für Personen, die Konkurs anmelden - seien "verhältnismäßig jung", so Kantner. Die Hälfte von ihnen sei zwischen 25 und 40 Jahre alt. Für das Gesamtjahr 2004 rechnet Kantner mit insgesamt 4.700 Privatkonkurs-verfahren, was einem Anstieg um 25% entspricht.
Mehr Firmenpleiten, aber weniger Schaden
Bei den Unternehmensinsolvenzen wurde im 1. Halbjahr zwar ein Anstieg um 15,8% auf rund 3.000 Fälle registriert, allerdings wurden um 30% mehr Konkursanträge mangels Masse abgewiesen. Kantner erklärt: "Es gibt immer mehr Klein- und Kleinstfälle, wo sich die Eröffnung eines Konkursverfahrens nicht lohnt."
Die geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten betrugen rund 1,1 Mrd. Euro, um 12,3% weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Zahl der von Pleiten betroffenen Dienstnehmer sank von 12.300 auf 10.400. Der ursprünglich vom Kreditschutzverband erwartete Trend, nämlich dass die Zahl der Insolvenzen auf dem Niveau des Vorjahres bleibt, wird sich voraussichtlich nicht halten. Der KSV geht vielmehr von einer Steigerung im einstelligen Prozentbereich (5% bis 7%) aus.