Höhere Uni-Budgets dynamisieren die Grundlagenforschung. Jedoch ist die Nachfrage nach wie vor größer als das Angebot.
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In Österreich wird zunehmend mehr Spitzenforschung betrieben, doch einen beträchtlichen Anteil der Bevölkerung interessiert das kaum. Während die Zahl der Förderanträge beim Wissenschaftsfonds (FWF) steigt, bleibt hierzulande die Skepsis gegenüber Forschung, die immerhin den Grundstein für Fortschritt und Wohlstand setzt, hoch.
Zu den Zahlen: Derzeit fördert der FWF 4.458 Forschende in 2.588 Projekten in Österreich. "Das ist mehr als je zuvor", sagte FWF-Präsident Christoph Gattringer am Donnerstag beim Bilanz-Pressegespräch in Wien. Das Fördervolumen kletterte 2021 um 5,1 Prozent auf 256 Millionen Euro. Zugleich stieg der Anteil jener Projekte, die von der internationalen FWF-Jury zwar für exzellent und somit förderungswürdig befunden wurden, aber mangels Budget nicht finanziert werden können. Im Vorjahr haben heimische Forschungsteams beim FWF Drittmittel von 1,2 Milliarden Euro beantragt. Das ist um 14 Prozent mehr als im Jahr davor. Die Konsequenz dieser immer weiter aufklaffenden Schere zwischen Angebot und Nachfrage sind Bewilligungsquoten von 18 bis 22 Prozent je nach Wissenschaftsbereich. "Tiefer darf das nicht mehr gehen", appellierte Gattringer an den Bund, das künftige FWF-Budget dem Bedarf anzupassen.
Unter anderem Budgetsteigerungen in den letzten Leistungsvereinbarungen hätten "einen erfreulichen Wachstumsschub an den Universitäten, aber auch Institutionen wie der Akademie der Wissenschaften oder des IST Austria" gebracht, sagte Gattringer: "Der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn trägt zu einer besseren Zukunft für alle Menschen bei."
Laut einer Eurobarometer-Umfrage aus 2021 sehen es aber nicht alle Österreicherinnen und Österreicher so. Viele geben der Wissenschaft einen geringen Stellenwert. Bei der in 27 EU-Ländern durchgeführten Bevölkerungsbefragung reiht unser Land beim Vertrauen in die Wissenschaft in nahezu allen Punkten an letzter und vorletzter Stelle. Etwa ist man der Ansicht, dass Forschung sich nicht auf die Zukunft auswirke und im Alltag keine Bedeutung habe, oder dass Wissenschafter alleine in ihrem Kämmerlein arbeiten und nicht die Wahrheit sagen.
Die Wissenschaftsskepsis "muss uns zu denken geben", sagte Wissenschaftsminister Martin Polaschek, "denn sie geht oft mit Demokratiefeindlichkeit einher. Wissenschaft und Forschung sind essenziell für das Fortbestehen eines staatlichen Gemeinwesens", betonte er: "Wir müssen alles unternehmen, um das Vertrauen in die Wissenschaft bei den Menschen weiter zu stärken."
Problem Wissenschaftsskepsis
Polaschek verwies erneut auf die von seinem Ressort geplante Studie, die als Basis für konkrete Maßnahmen den Ursachen dieser Skepsis auf den Grund gehen solle. Die Studie werde öffentlich ausgeschrieben, allerdings stehe man noch ganz am Anfang.
Damit Forschende neue Wege gehen und Expertise zur Bewältigung von Herausforderungen liefern können, startet der FWF im September mit "Emerging Fields". Das Programm fördert Forschung mit dem Potenzial, in ihrem Feld einen Paradigmenwechsel auszulösen. Gänzlich neue oder gerade aufkommende Ansätze sollen umgesetzt werden, um die Chancen auf Durchbrüche zu erhöhen. Das Programm ist neben den "Clusters of Excellence" die zweite Komponente der Exzellenzinitiative "excellent=austria". Teams aus drei bis sieben Wissenschaftern stehen vier bis sechs Millionen Euro für fünf Jahre zur Verfügung. Das Gesamtvolumen der ersten Runde beträgt 24 Millionen Euro, das Programm soll alle zwei Jahre ausgeschrieben werden. Projekteinreichungen sind ab Oktober möglich.
Um das Vertrauen in die Wissenschaften zu stärken, verdoppelt der FWF die Mittel seines Förderprogramms für Wissenschaftskommunikation auf 500.000 Euro pro Jahr und erweitert die Laufzeit auf zwei Jahre. Dadurch haben FWF-geförderte Forschende mehr Ressourcen und Zeit für originelle und innovative Formen der Kommunikation ihrer Arbeiten.