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Immer weiter am Politphrasenpfad

Von Christina Böck

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Würde man die Stunden zusammenzählen, in denen im deutschen Fernsehen über Politik diskutiert wird, man käme auf ein erkleckliches Sümmchen. Dabei, das hat die Wochenzeitung "Zeit" einmal pointiert vorgerechnet, kommen aber auch nur die etwa zehn gleichen Leute beziehungsweise Rollen (vom Provokateur bis zum gut aussehenden Besserwisser) zu Wort. Man kennt das auch hierzulande: Hat man ein "Im Zentrum" gesehen, hat man alle gesehen. Also, gefühlsmäßig.

Deswegen waren die Erwartungen (und naturgemäß auch der Vorschusshohn) groß, als ausgerechnet Spielshow-Clown Stefan Raab ankündigte, nun auch eine politische Diskussion machen zu wollen. "Absolute Mehrheit" sollte sie heißen, und die Zuseher sollten direkt eingreifen können. Denn derjenige, dessen Ansichten den wenigsten Zuspruch erhielten, konnte rausgewählt werden. Der, dessen Ansichten am besten ankamen, konnte bares Geld gewinnen. Eingeladen wurden nicht nur Parteipolitiker, sondern auch "normale" Wähler. Das Ganze hätte, trotz der kuriosen Castingshow-Methodik, die immer gleichen Gesprächsraster durchbrechen können. Wer mit der Niederlage so unvermittelt konfrontiert ist, so die Hoffnung vieler Beobachter, könnte doch vielleicht mal vom Politphrasenpfad abweichen. War aber leider nicht so. Die Folge: Die Quoten sackten ab. Die Folge davon: Am Sonntag durfte Rapper Sido mitdiskutieren. Und überraschende Forderungen stellen, wie die Legalisierung von Marihuana. Das war dann wieder mehr Show als Politik. Er hat übrigens gewonnen. Die Diskussionskultur aber leider nicht.