Der Sonntag "profiliert" sich als Tag der Krisenbewältigung. Am Sonntag Nachmittag hat - wie erwartet - die irische Regierung Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm angefordert. Dem Vernehmen nach sollen zirka 60 Milliarden Euro an den irischen Staat und 30 Milliarden Euro an die irischen Banken fließen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es wurde wieder einmal der Sonntag, weil EU, Währungsfonds und Europäische Zentralbank große Angst hatten, dass mit Beginn der (Handels-)Woche die Zinsen auch für andere Euroländer sprunghaft steigen, wenn das irische Problem ungelöst geblieben wäre. Nicht nur Portugal und Griechenland, sondern auch Spanien und Italien müssen mittlerweile mehr Geld für ihre Staatsschuld bezahlen.
Die Iren zierten sich lange, die EZB drängt seit Wochen darauf, dass endlich was passiert. Nur noch die Zentralbank finanzierte zuletzt Staat und Banken des maroden Inselstaates.
Die EU steht bereit, das Geld kann rasch fließen.
Immerhin muss Irland heuer ein Budgetdefizit von 32 Prozent der Wirtschaftsleitung stemmen, weil 2008 ein zu üppiges Bankenhilfsprogramm verabschiedete. Schon damals gab es warnende Stimmen, die aber im globalen Wehklagen über die Finanzkrise untergingen.
Interessant ist aber das Sparprogramm, das daneben von der irischen Regierung beschlossen wurde. So wird die günstige Körperschaftssteuer von 12,5 Prozent (und offenbar auch andere Steuervergünstigungen für die Finanzindustrie) vorerst beibehalten, dafür gibt es tiefe Einschnitte ins Sozialsystem, etwa beim Kindergeld. 15 Milliarden Euro sollen eingespart werden. Es ist wohl anzunehmen, dass die Regierung in Dublin an dieser Krise zerbricht. Neuwahlen im Frühjahr 2011 sind wahrscheinlich. Ob eine neue Regierung die Steuerzuckerl so belässt, sei bezweifelt.
Irland erklärt, dass die niedrigen Unternehmenssteuern viele Unternehmen angelockt hätten, und ein Standortvorteil sei. Irland ist in den vergangenen Jahren tatsächlich zu einem der wohlhabendsten Länder der EU aufgestiegen, allerdings auf Pump - und zu Lasten der anderen EU-Länder.
Nun bleiben den Iren vom wirtschaftsliberalen Kurs Milliardenschulden und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Trotzdem atmet das Sparprogramm den Geist der vergangenen Jahre, die zu einer Immobilienblase und wackligen Banken führte.
Wütende Proteste der Iren sind in den kommenden Tagen wohl vorprogrammiert. Und dieseer Zorn wird sich auch gegen die EU richten.
Denn ein EU-Diplomat bewies wenig Einfühlungsvermögen, als er die Milliardenhilfe an Irland als "Oliver Cromwell-Paket" bezeichnete. Der britische Lordprotektor richtete 1653 gemetzel an den irischen katholiken an, und ist seither dort verhasst. Eine Ähnlichkeit zur aktuellen Euro-Misere bietet Cromwell aber: Er steckte sich in Irland mit Malaria an, und starb 1658 daran. Mit der jetzigen Entscheidung der irischen Regierung soll diesmal eine Ansteckung verhindert werden. Die Märkte werden entscheiden, ob das finanzpolitische Kalkül aufgeht. Aber die irische Bevölkerung wird mitentscheiden, ob die Proteste gegen die Sparprogramme der Regierungen auch im Rest Europas an Intensität gewinnen.