Österreich mit Auslagerung unter Vorreitern in Europa. | Experte: Zu starke Einschränkungen wären ein Nachteil. | Wien. Dass gerade Österreich in einer Kapitalmarktangelegenheit zu den internationalen Vorreitern zählt, ist selten genug der Fall. Tatsächlich habe man mit der Auslagerung des Staatsschulden-Managements im Jahr 1993 aber einen Trend vorweggenommen, erklärte jüngst Christian Helmenstein, Aufsichtsrat der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA).
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Bis Jahresende 1992 war eine Abteilung im Finanzministerium für die Kreditoperationen des Bundes zuständig. Diese wurde unter Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) in eine GmbH in Staatsbesitz umgewandelt. Als Alternative war auch diskutiert worden, die Postsparkasse (PSK) mit dem Schuldenmanagement zu beauftragen.
Kaum nahm die neue, privatwirtschaftlich organisierte Gesellschaft den Betrieb auf, sollte sich offenbaren, welch hohe Erwartungen mit ihr verknüpft wurden: Schon im November 1993 forderte der damalige SPÖ-Finanzsprecher und heutige Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny, die Autobahn-Gesellschaft Asfinag an die ÖBFA anzubinden. Durch die "größere Finanzierungsmasse" könnte eine stärkere Position an den Märkten erzielt werden. Auch die Post wäre hier ein möglicher Kandidat, so Nowotny damals.
Staatsschulden-Trick
Ähnliche Ideen hegte 1998 Finanzminister Rudolf Edlinger (SPÖ). In den darauf folgenden Jahren nahm die ÖBFA unter anderem günstige Kredite für Asfinag und ÖBB auf. Mit der Praxis, Schulden dieser Art nicht als offizielle Staatsschulden zu deklarieren, ist das Finanzministerium allerdings 2003 endgültig an der EU-Statistikbehörde Eurostat gescheitert. In der Folge musste rückwirkend die Staatsschuldenquote massiv angehoben werden.
Eine Innovation stellten die 2002 auf den Markt gebrachten "Bundesschätze" dar. Diese kurzfristigen Anleihen, die als Sparprodukt für jedermann konzipiert sind, erfreuten sich zuletzt in der Finanzkrise als sichere Geldanlage großer Beliebtheit.
Wiederholt wurde darüber debattiert, ob die ÖBFA das Schuldenmanagement der Länder und Gemeinden übernehmen sollte oder direkt Kredite an die Kommunen vergeben könnte. Zuletzt forderte der Staatsschuldenausschuss die Gebietskörperschaften auf, sich an der Bundesfinanzierungsagentur ein Beispiel zu nehmen.
"Richtig aufgestellt"
Mit der aktuellen Debatte über drohende Veranlagungsverluste könnte der Politik die Lust, die ÖBFA mit immer neuen Aufgaben zu betrauen, deutlich vergangen sein. Experten pochen jedoch darauf, dass Österreich mit der Bundesfinanzierungsagentur institutionell richtig aufgestellt sei. Die Ausgliederung sei die modernste Form, so ein Insider. "Wir brauchen hier Spezialisten mit entsprechenden Freiräumen."
Ein mit den Vorgängen vertrauter Experte fürchtet, dass der seit ihrer Gründung immer zu Höherem bestimmten ÖBFA jetzt zu stark die Flügel gestutzt werden könnten. "Wenn der ÖBFA alles verboten wird, wird das für den Steuerzahler teuer." Schließlich hätten die Geschäfte der ÖBFA über die Jahre einen Gewinn gebracht.