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Immofinanz-Investment: AWD-Kunden wollen nicht gewusst haben, dass sie eine Aktie kaufen

Von Karl Leban

Analysen

Lange Zeit galten Aktien der Immofinanz als grundsolides Investment. Zumindest bis zum Ausbruch der US-Immobilienkrise vor gut zwei Jahren war das so. An der Wiener Börse verkauften sich die Papiere geradezu wie warme Semmeln. Vor allem, weil der Kurs angesichts des weltweiten Immobilienbooms lediglich eine Richtung kannte: nämlich die nach oben.


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In dem fatalen Glauben, mit einem vermeintlich risikolosen Immobilientitel wie der Immofinanz gleichsam ein Turbo-Sparbuch zu kaufen, sprangen auch unerfahrene Anleger scharenweise auf den Zug auf. Die fälschliche Annahme, Immobilien seien krisensicher, und deshalb könne ohnehin nichts schiefgehen, sorgte damals buchstäblich für einen Run. Was sich freilich im Nachhinein bitter rächen sollte.

Denn das Platzen der immer größer gewordenen Immobilienblase löste zur Jahresmitte 2007 rund um den Globus bei sämtlichen Immo-Aktien einen massiven Kursverfall aus. Bei der Immofinanz kam dazu, dass Malversationen ihres damaligen Chefs Karl Petrikovics im Herbst 2008 aufflogen, was den Crash des Kurses noch beschleunigte.

In der Öffentlichkeit setzte ab diesem Zeitpunkt großes Wehklagen unter vielen Kleinanlegern ein. Ihre Aktien waren schließlich nur noch ein sprichwörtliches Butterbrot wert, manche hatten in blindem Vertrauen sogar zu Höchstkursen von 12,50 Euro gekauft.

Und dann stellte sich heraus, dass tausenden Immofinanz-Anlegern offensichtlich nicht einmal bewusst war, dass sie da eine Aktie erworben hatten, die natürlich immer auch das volle Risiko eines Totalverlusts in sich birgt. Auszubaden hat das der Finanzdienstleister AWD. Ihm wirft der Verein für Konsumenteninformation (VKI) - und mit ihm rund 2500 Kleinanleger mit einem vermuteten Gesamtschaden in Höhe von zirka 30 Millionen Euro - systematische Fehlberatung bei der Vermittlung von Immofinanz-Aktien vor.

Ob es zu einem Sammelprozess gegen AWD kommt - wie vom VKI angestrebt - oder jeder einzelne Fall in gesonderten Verfahren abgewickelt wird, ist nun Sache des Gerichts. Jedenfalls stehen hohe Schadenersatzansprüche im Raum, die etwa damit begründet werden, dass die AWD-Berater in Sachen Immofinanz (und auch Immoeast) entweder nicht ausreichend oder gar nicht auf die Risiken hingewiesen hätten. Dass die Berater die Papiere als mündelsichere Geldanlage angepriesen hätten, wird ebenso ins Treffen geführt.

Der AWD spricht von einer Hexenjagd und weist alle Vorwürfe zurück. Nichtsdestotrotz drängt sich der Verdacht auf, dass einige AWD-Mitarbeiter ihre Kundenberatung nicht besonders genau genommen haben. Vor allem nebenberufliche Finanzdienstleistungsassistenten - sie haben für ihre Tätigkeit keine einschlägige Ausbildung und sind der Finanzmarktaufsicht generell schon seit langem ein Dorn im Auge - könnten hier einiges Porzellan zerschlagen haben.

Den AWD hatte Karl Petrikovics einst als Großvertriebsstelle im Einsatz. Das sollte den Kurs pushen. Die Mündelsicherheit der Aktie ließ er durch ein Gutachten besiegeln.

Siehe auch:AWD versus VKI