Die Länder möchten mit der Impfpflicht plötzlich nichts mehr zu tun haben.
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Wer solche Landeshauptleute hat, braucht als Regierung keine Opposition mehr. Kaum ist die umstrittene Impfpflicht nach endlosen Diskussionen in Kraft, wird in den Bundesländern bereits kräftig daran gerüttelt.
Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer ist "skeptisch" und fordert eine Evaluierung, bevor das Gesetz "scharf gestellt" wird. Sein ÖVP-Parteikollege, Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, hinterfragt die Notwendigkeit der dritten Stufe mit automatisierten Strafen.
Auch aus anderen Bundesländern kommt der Ruf nach einer Neubewertung. In Niederösterreich hält sich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bequem alle Türen offen: "Sollte die Wissenschaft zu neuen Erkenntnissen kommen, dass es die Impfpflicht nicht mehr braucht, bin ich die Erste, die dafür eintritt, sie auszusetzen."
Unüberhörbar sind die Absetzbewegungen. Die Landespolitiker möchten mit der Umsetzung des ungeliebten Vorhabens ja nicht in Verbindung gebracht werden. Falls die Impfpflicht oder Teile davon vom Verfassungsgerichtshof gekippt werden, sollen die anderen den Kopf hinhalten.
Dabei waren es die Landeshauptleute, die sich bei der Landeshauptleute-Konferenz im November 2021 in einer nächtlichen Sitzung mit der Bundesregierung klar auf eine Impfpflicht festgelegt haben. Geschlossen traten sie dafür ein, für Mikl-Leitner war sie notwendig, "damit wir endgültig rauskommen aus dieser unerträglichen Lockdown-Spirale".
Klar, die Parameter haben sich seither geändert. Die Omikron-Variante ist deutlich weniger gefährlich, es droht keine Überlastung der Intensivkapazitäten mehr. Aber: Das hat sich seit Wochen abgezeichnet. Warum kommt der Protest erst wenige Tage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes? Wer hat die Impfpflicht denn im Bundesrat beschlossen? Gerade die nach dem Rückzug von Kanzler Sebastian Kurz wieder erstarkten ÖVP-Landeshauptleute hätten ihren Einfluss in Regierungskreisen im Vorfeld geltend machen können.
Zweitens: Was soll die Impfpflicht nun erreichen? Die Regierung kommuniziert, dass es sich um eine langfristige Maßnahme handelt, mit der künftige Wellen im Herbst und Winter verhindert werden sollen. Haslauer hält die Planung mit "ungewissen Ereignissen" für unzulässig und legt den Schwerpunkt auf die Entwicklung der nächsten Wochen. Bei einer solch gravierenden Maßnahme wie der Impfpflicht wäre es besser gewesen, wenn sich vor Erlass des Gesetzes die politischen Mitspieler auf eine Linie geeinigt hätten.
Bleibt noch abzuwarten, ob die Kindesweglegung auch auf die Bundesebene übergreift. Am Schluss wird das Impfpflichtbaby niemand gezeugt haben.