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Impulse für lahme Ente EU-Wirtschaft gesucht

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Angesichts der lahmenden Konjunktur urgiert SP-Europasprecher Caspar Einem ein Paket von Wirtschaftsmaßnahmen und eine stärkere Orientierung an der EU-Wachstumspolitik.


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Jetzt, wo die Inflation fast überall bezwungen sei, sollten sich die Anstrengungen auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die geringe Ausnutzung der wirtschaftlichen Kapazitäten richten. Das meinte der US-Wirtschaftswissenschaftler Joseph Stiglitz 1991. In jenem Jahr wurde er mit dem Nobelpreis ausgezeichnet - heute Abend wird ihm in Wien der Bruno-Kreisky-Preis für sein Buch "Die Schatten der Globalisierung" überreicht. Den Wirtschaftsnobelpreis bekam Stiglitz für seine Theorie von der Unvollkommenheit der Märkte.

Unvollkommen ist auch die Politik, etwa in Bezug auf die Wirtschafts- und Währungsunion. Diese fußt auf dem Stabilitäts- und Wachstumspakt. Von der anfänglich ausschließlichen Fixierung auf die Euro-Stabilität hat laut SP-Europasprecher Einem in der EU nun ein Umdenken in Richtung mehr Wachstum eingesetzt. "Es ist eine Illusion zu glauben, dass bereits durch ausgeglichene Budgets Wachstum entsteht." Notwendig seien vielmehr Investitionen in die Bahn- und Straßeninfrastruktur sowie in Forschung und Bildung. Das seien "Zukunftsinvestitionen", sie sollten daher über Kredite bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) finanziert werden, unterstützt Einem einen entsprechenden Vorschlag der italienischen EU-Ratspräsidentschaft. "Wir brauchen eine Infrastrukturoffensive gerade im Hinblick auf die EU-Erweiterung." Zudem solle die Europäische Zentralbank (EZB) über eine Änderung ihrer Zinspolitik nachdenken, diese sei "immer noch rigider als jene der Federal Reserve Bank" der USA. Und der Wechselkurs des Euro zum Dollar belaste letztlich massiv die Exportwirtschaft der EU.

Im Hinblick auf die in Österreich diskutierte Steuerreform und eine mögliche Senkung der Körperschaftssteuer meint Einem, "wir brauchen in Europa nicht einen Wettlauf um die niedrigste Unternehmensbesteuerung, sondern ein gemeinsames Mindestniveau". Eine Harmonisierung der Steuern in der Union war jedoch bisher nicht zu erreichen, weil dieser Bereich nach wie vor einstimmiger Beschlüsse bedarf. Gegen eine Überführung in die Mehrstimmigkeit sperren sich in erster Linie Großbritannien und Irland, das ab 1. Jänner 2004 den EU-Vorsitz übernimmt. Irland hat erst jüngst klar gemacht, dass an eine Aufgabe des nationalen Vetos nicht zu denken sei.

Das niedrige Steuerniveau hat Mitte der 1990-er Jahre dem "Keltischen Tiger" einen Wirtschaftsboom beschert, der durch EU-Strukturfördermittel noch begünstigt wurde. "Die Frage ist, ob die Iren noch beides brauchen werden", meint Einem im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Aufgrund des zunehmenden EU-Binnenmarktes werde ein Übergehen zu Mehrheitsentscheidungen in Steuerfragen möglich sein, gibt sich Einem optimistisch. Vor den, jüngst von der EU-Kommission kritisierten, niedrigeren Steuersätzen in den Beitrittsländern, "brauchen wir uns nicht fürchten", so Einem.