)
Keine Laptops und FFP2-Masken: Wiener Lehrerschaft kritisiert fehlende Vorbereitung auf den neuerlichen Lockdown.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Zu wenige Laptops, keine FFP2-Masken und eine Internetverbindung, die ständig zusammenbricht. So gestaltet sich derzeit der Alltag an vielen Wiener Schulen. Ob Volksschule, Mittelschule, BHS oder AHS, der Rundruf der "Wiener Zeitung" zeigt: Lehrerinnen und Lehrer dieser Schultypen fühlen sich allein gelassen. Sie kritisieren, dass über den Sommer nichts passiert und keine Vorbereitungen auf einen neuerlichen Lockdown erfolgt seien - doch dieser ist nun da.
Bildungsstadtrat verweist auf 5000 Laptops
"Wir werden von den Behörden nicht unterstützt", klagt etwa eine Volksschuldirektorin im 15. Bezirk. Ihre Schule besuchen viele Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. An Tag Eins des zweiten Lockdowns war an dieser Schule eines von sechs Kindern anwesend, insgesamt waren an den Wiener Volksschulen rund 22 Prozent der Schülerinnen und Schüler anwesend, über alle Schultypen gerechnet kamen laut APA knapp 14 Prozent.
"Wir haben nichts bekommen, keine FFP2-Masken und keine Laptops, wir haben nicht einmal genügend Desinfektionsmittel. Alles was wir haben, sind sechs Tablets, die uns die Bezirksvorstehung im Sommer gespendet hat", kritisiert die Direktorin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Wien hat 353.000 Schülerinnen und Schüler, 5000 Laptops wurden von der Stadt Wien "nach Bedarf verteilt, es müsste genügend geben", heißt es aus dem Büro des Bildungsstadtrats, wo auch darauf hingewiesen wird, dass an Volksschulen hauptsächlich mit Arbeitsblättern gearbeitet wird, und nicht an Laptops. Doch auch die Volksschulen wünschen sich Laptops zumindest für das Lehrpersonal, sowie administrative Unterstützung, denn diese Aufgaben werden aufgrund der Corona-Krise immer mehr.
"Wir sind eine Schule mit ganztägiger Betreuung, ich muss bei jedem Kind erheben an welchem Tag es kommt, wann es hier isst, aber es gibt nach wie vor kein Sekretariat", berichtet etwa Doris Berki-Uhlir, Direktorin an der Europäischen Volksschule Goldschlagstraße im 15. Bezirk.
Von einer "großen Herausforderung" spricht auch Ilse Rollett, Direktorin der AHS Rahlgasse im 6. Bezirk: "Wir haben das Wochenende durchgearbeitet, sind schwer erschöpft und rotieren, um das alles irgendwie hinzubekommen". Am ersten Tag des Lockdowns kamen 30 von 430 Kinder in ihre Schule. Sie folgen dem Unterricht online, so wie ihre Mitschüler zuhause via Distance Learning, daher brauchen sie Computer. Doch die an der Schule vorhandenen Laptops stammen noch aus dem ersten Lockdown und wurden primär an die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe verteilt.
"Auch Lehrer brauchen Laptops"
"Ich habe 30 Laptops für die Unterstufe bestellt, aber die sind noch nicht eingetroffen", erzählt Rollett. Zur Betreuung vor Ort würde die Direktorin gerne fünf Lehramtsstudierende einsetzen, die an ihrer Schule gerade ihr Praktikum machen - doch diese warten immer noch auf den entsprechenden Sondervertrag. "Wir hätten uns schon vor dem Lockdown Ausweichquartiere für überfüllte Klassen- und Konferenzzimmer gewünscht", so Rollett, und betont: "Auch Lehrer brauchen Laptops. Die meisten von uns haben privat aufgerüstet und Computer, stärkere Internetverbindung und Kameras aus eigener Tasche bezahlt. Es ist aber noch nicht einmal klar, ob das steuerlich absetzbar sein wird." An einer großen Berufsbildenden Höheren Schule (BHS), deren knapp 1000 SchülerInnen sich seit Beginn des Monats im Distance Learning befinden, folgen einige Schülerinnen und Schüler aufgrund fehlender Endgeräte dem Unterricht via Handy, wie ein Lehrer berichtet, der namentlich nicht genannt werden will.
Da viele seiner Schülerinnen und Schüler zuhause kein Internet oder eine zu schwache Internetverbindung haben, zapfen sie dafür ihre mobilen Handydaten an, doch diese seien inzwischen oft erschöpft, wie er erzählt. Als sich die Lehrerschaft beim Bildungsministerium und der Bildungsdirektion nach Leihgeräten und zusätzlichem Datenvolumen erkundigt hat, erhielt man die Auskunft, dieses sei schon vergeben bzw. verbraucht. Der Lehrer versteht nicht, warum diese nicht im Sommer organisiert wurden. ."Hier schieben sich Bund und Stadt gegenseitig die Schuld zu, aber das interessiert uns nicht. Wir brauchen einfach die Laptops", sagt der Lehrer.
"Kinder ertragen all das unglaublich stoisch"
"Unabhängig von Corona bräuchten wir längst eine Digitalisierungsoffensive, doch hier ist in den letzten zehn Jahren viel zu wenig passiert", sagt Benhard Lahner, Sonderschulpädagoge in einer Ganztagsschule im 20. Bezirk. An seiner Schule, an der 6- bis 15-jährige Kinder integrativ unterrichtet werden, gibt es für 200 Mittelschul-Kinder 15 Laptops. "Viel zu wenig", so Lahner.
Die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler folgt dem Unterricht zuhause, ein kleinerer Teil geht zur Schule. Wie geht es eigentlich den Kindern in all dem? "Sie ertragen all das unglaublich stoisch. Unsere Kinder sind normalerweise sehr neugierig und gesprächig. Derzeit sind sie mir teilweise zu ruhig", so Berki-Uhlir. Die Volksschuldirektorin im 15. Bezirk sagt: "Ich wünsche mir mehr Diskurs mit den Kindern."