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Auf 3sat stimmen die Zuschauer gerade darüber ab, welcher Fernsehfilm im letzten Jahr der beste gewesen sei. Am Mittwoch-Abend stand u. a. Max Färberböcks "Jenseits" auf dem Programm. Ein junger Staatsanwalt (Sylvester Groth) hat einen Unfall, bei dem ein kleiner Bub zu Tode kommt. Er begeht Fahrerflucht. Der Staatsanwalt entscheidet sich anstelle eines Geständnisses für tätige Reue, indem er die Mutter des Knaben (Ekaterina Medvedeva), ohne ihr Gründe dafür zu nennen, betreut und unterstützt. Dieser Film ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Zum einen behandelt Färberböcks Buch den Themenkomplex Schuld/Verantwortung/Reue/Buße mit selten gewordenem Ernst. Die Spannung entsteht nicht allein aus der Bedrohung des Entdecktwerdens, sondern aus der moralischen Verstrickung, an der auch jene Anteil haben, die gar nicht wissen, dass ein Kind zu Tode gekommen ist.
Ebenso (im Wortsinne) eigensinnig wie die Behandlung des Themas war auch die Bildwahl: Die Kamera suchte sich stets einen besonderen Blick, der in seiner Konzentration das Wesentliche der Geschichte einfing. Die Kamera erzählte eine eigene Version der Geschichte. Manchmal strafte sie die Tonspur Lügen, dann wieder verdeutlichte und überhöhte sie das Gesagte. Ein Film zum Denken und zum Schauen, der in die engere Wahl kommen müsste. Die Mittwochsausgabe von Journal-Panorama würde übrigens auch in eine Besten-Wahl gehören: Gabriele Tautscher berichtete über das Königreich Nepal, wo nach dem Massaker im Königshaus nun die Maoisten die Revolution von 1917 und den langen Marsch fusionieren wollen.