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In der FPÖ folgen jetzt Taten auf Gerüchte

Von Walter Hämmerle

Politik

Das Postenkarussell in der FPÖ hat sich am Freitag heftigst zu drehen begonnen. Der Rücktrittsankündigung von Justizminister Dieter Böhmdorfer folgten umgehend Andeutungen des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider, dass auch Sozialminister Herbert Haupt im Sommer seinen Hut nehmen könnte. Als potenzieller Nachfolgekandidat im Justizministerium wird Klubobmann Herbert Scheibner gehandelt.


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Die Gerüchte über einen bevorstehenden Wechsel im FPÖ-Regierungsteam blühen schon seit Wochen. Das neuerliche Rekorddebakel bei den EU-Wahlen vor einer Woche und der daraufhin fixierten Wechsel an der Parteispitze lassen nun auch Taten folgen.

Den Anfang machte Dieter Böhmdorfer: Für viele überraschend teilte er am Freitagvormittag via Aussendung lapidar mit, er wolle selbst Herr über den Zeitpunkt seines Abgangs sein, weshalb er sein Amt nach dem Parteitag am 3. Juli zur Verfügung stellen werde.

Ursula Haubner, die designierte neue Parteichefin, bedauerte den Rücktritt Böhmdorfers, nahm seine persönliche Entscheidung aber zur Kenntnis. Dem Vernehmen nach soll es um das Verhältnis zwischen Böhmdorfer, der als enger Vertrauter Haiders gilt, und Haubner nicht immer zum Besten gestanden haben.

Haider fordert Verjüngung des FPÖ-Teams

Den Rücktritt seines Freundes nahm Haider zum Anlass, eine "Verjüngung" der FPÖ-Regierungsmannschaft einzufordern. Böhmdorfer (61) habe ihm Donnerstagabend dargelegt, dass er im Sinne eines Generationenwechsels sein Amt zurücklege und er könne dieser Argumentation durchaus folgen, teilte er von Klagenfurt aus seiner Partei mit.

Einer, der sich davon angesprochen fühlen konnte, zeigte sich vorerst noch zuversichtlich, in Amt und Würden bleiben zu können. Noch-Parteichef Haupt meinte, er wolle Sozialminister bleiben und die Pensionsharmonisierung "fertig machen".

Dieser Wunsch scheint allerdings nur teilweise in Erfüllung zu gehen. Im heutigen "Kurier" deutet Haider nämlich einen Rückzug Haupts in diesem Sommer an, wenn die harmonisieurng unter Dach und Fach ist. Später dementierte Haider allerdings die Meldung und meinte, Haupt bestimme selbst über einen allfälligen Rücktritt.

Zwischen Gelassenheit und Freude

Beim Koalitionspartner ÖVP war man bemüht, die Angelegenheit nicht aufzubauschen. Klubobmann Wilhelm Molterer sieht die Koalition ungefährdet. Überraschend dagegen sein Eingeständnis, dass die ÖVP erst via APA über den Rücktritt erfahren habe. Ohne Antwort blieb die Frage, ob nun eine größer angelegte Regierungsumbildung bevorstehe.

Von einer solchen gehen nämlich sowohl SPÖ wie auch Grüne aus. Beide sehen im Rücktritt Böhmdorfers erst den Anfang und rechnen mit weiteren Abgängen beim kleineren Koalitionspartner. Mit Neuwahlen rechnet man in der SPÖ jedoch nicht.

Als "Eingeständnis des Scheitern der FPÖ in der Regierung" wertet die stellvertretende Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig Böhmdorfers Rückzug. "Der Druck wird in der FPÖ immer größer, es gibt Panikreaktionen nach der fürchterlichen Schlappe bei den EU-Wahlen und damit wächst auch die Instabilität der Koalition".

Lob vom SPÖ-Gegenüber

Fachlichen Respekt zollte Hannes Jarolim, als SPÖ-Justizsprecher Böhmdorfers parteipolitisches Vis-á-vis. Im Kabinett Schüssel II sei Böhmdorfer durch Sachlichkeit aufgefallen. Als negative Höhepunkte sieht Jarolim dessen "uneingeschränkte Parteinahme" für Haider sowie den Umgang mit der Spitzelaffäre.