Zilk wurde Holec - der Entblößte - genannt. | Prag.Holec - frei übersetzt, der Entblößte. Unter diesem Decknamen arbeitete Wiens ehemaliger Bürgermeister in den 60er Jahren angeblich für die tschechoslowakische Staatssicherheit (StB). Unter Zeichen Nummer 44958 wird im Januar 1966 eine Akte für "Dr. Helmut Zilk" angelegt. Mit dem Vermerk, betreffs "politischer und wirtschaftlicher Fragen Österreichs" arbeite man mit Zilk seit dem 20. Dezember 1965 "vertraulich" zusammen.
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Tatsächlich quittierte ein Helmut Zilk an diesem Tag einem gewissen Herrn Starek einen Betrag von 5000 Schilling als Rückgabe. Spätere Quittungen - Zilk soll zwischen 1966 und 1968 insgesamt 55.000 Schilling, 13.000 tschechoslowakische Kronen sowie etliche Ziergegenstände aus böhmischem Kristall erhalten haben - quittierte er mit dem Namen Johann Maiz.
Der Lockruf des Geldes und die Hoffnung, die Welt zu verbessern, sollen den Ausschlag für Zilks eifriges Engagement bei den tschechoslowakischen Schlapphüten gewesen sein. "Es war offensichtlich, dass Holec Geld gern hatte und es bei seinem Lebebsstil brauchte," vermerkte ein StB-Agent nach einem Treffen mit Zilk. Gleichzeitig verstand sich Zilk selbst auch als Vermittler zwischen den Fronten des kalten Krieges. Innerhalb von zwei Jahren ist es zu 58 Treffen zwischen Zilk und StB-Agenten gekommen. Dabei ist es meist um Tratsch aus der österreichischen Polit- und Gesellschaftselite gegangen. Informationen, deren Wert schon damals äußerst zweifelhaft war.
Doch es war auch die Zeit des "Prager Frühlings", "der Illusion, dass sich die kommunistische Gesellschaft liberalisiert," sagt der Historiker Prokop Tomek. Helmut Zilk, so Tomek, könnte sich die Hoffnung gemacht haben, den Entwicklungen zu helfen. "Und noch daran zu verdienen," meint Tomek.
Über Zilks Gastspiel bei der StB wusste die österreichische Seite mindestens seit Ende der 1960er Jahre, als Zilks einstiger Führungsoffizier Ladislav Bittman zu den Amerikanern überlief. Dass Zilk dennoch politische Karriere machte, gibt Raum für weitere Spekulationen. Stand Zilk etwa auch im Dienste der CIA, fragt die tschechische Tageszeitung "Mladá fronta Dnes", die die StB-Vergangenheit Zilks öffentlich machte. Eine Zusammenarbeit Zilks mit den Amerikanern würde erklären, warum sich der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel recht kryptisch am Sarge Zilks entschuldigte. Havel hatte 1998 kurzfristig eine Staatsauszeichnung an Zilk zurückgezogen, nachdem dessen StB-Verbindungen bekannt geworden waren. "Gerne würde ich mich im Namen der Tschechen entschuldigen," sagte Havel bei Zilks Beerdigung. "Vielleicht haben wir ihn auch manchmal aus Unkenntnis heraus verletzt," meinte damals Havel.
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