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In der Höhle des Löwen

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Gegenseitige Besuche schon bei Schwarz-Blau. | Unter Gusenbauer klappte es nicht. | Wien. Werner Faymann und Josef Pröll wollen ihre Regierungszusammenarbeit auf ganz neue Beine stellen. Daher schicken sie ihre Minister künftig in den Parlamentsklub des jeweils anderen. Das steht auch im Regierungsprogramm: "Die Mitglieder der Bundesregierung erklären sich bereit, in regelmäßigen Abständen den Abgeordneten des anderen Koalitionspartners die Gelegenheit zu einer Aussprache über aktuelle Fragen der gemeinsamen Regierungsarbeit zu geben." Quasi eine vertrauensbildende Maßnahme in der Höhle des Löwen.


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Dadurch sollen Irritationen, wie etwa bei der Pensionsreform, als der SPÖ-Klub eine fixfertige Einigung kippte, schon im Vorhinein ausgeschlossen werden. Wie diese gegenseitigen Konsultationsbesuche ausgestaltet werden sollen, steht noch nicht endgültig fest, heißt es aus den Klubs von SPÖ und ÖVP.

Voraussichtlich werde ein Minister vom Klubobmann zu Diskussionen in die Klubräume einer Fraktion eingeladen, heißt es aus dem ÖVP-Klub zur "Wiener Zeitung". Dies liege "in der Gestaltungsoption" der Klubobmänner.

Gemeinsame Abende beim Heurigen

Neu ist dieses Prozedere freilich nicht. Schon in der ÖVP-FPÖ-Koalition wurde das so gemacht, erinnert sich der damalige ÖVP-Klubobmann und spätere Nationalratspräsident Andreas Khol: "Wir haben das 2001 oder 2002 schon eingeführt." Allerdings seien es nicht immer nur Sitzungen und Diskussionen gewesen. "Wir waren dann auch gemeinsam beim Heurigen", so Kohl.

Dies bestätigt auch sein damaliges FPÖ-Pendant Peter Westenthaler. Man wollte einmal im halben Jahr gemeinsam etwas abseits des politischen Alltagslebens unternehmen. "Wir waren im Tierpark oder beim Skifahren", sagt Westenthaler. Das habe sicher zu einer besseren Kommunikation beigetragen. Allerdings müsse man auch eine Grenze ziehen können, damit nicht zu viel gekuschelt werde.

Was die Besuche einzelner Minister im anderen Klub angeht, so seien diese nicht allzu häufig gewesen. Westenthaler hält sie trotzdem für sinnvoll. Ein Ministerbesuch werte eine Regierungsfraktion, die in ihrer Bedeutung eben wegen dieser Regierungsbeteiligung etwas zurückgestuft sei, wieder etwas auf. Es sei auch ein nicht zu unterschätzendes Zeichen der Wertschätzung. Nicht zuletzt habe es auch gute und harte Diskussionen gegeben, etwa "über die EU und ihre Erweiterung", erinnert sich Westenthaler.

Auch in der letzten Koalition waren solche Besuche angedacht, und zwar nach dem sogenannten Osterfrieden vom März 2008. Dazu gekommen ist es nie.