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Ich sag’s lieber gleich: Ich bin parteiisch, und das in zweifacher Hinsicht. Denn ich meine, dass man Richard Wagners "Lohengrin", diese vierstündige Kriegshetze im Viervierteltakt, weil diesen der Komponist für den "deutschen Takt" hielt (man kann ja auch recht gut danach marschieren, wenngleich man zur "Lohengrin"-Musik eher schläft als marschiert) - ich meine also, dass man diesen "Lohengrin" am besten gar nicht aufführt.
Aber wenn man ihn aufführt, dann so, wie ihn Wagner geschrieben hat. Somit bin ich Partei für den Dirigenten Bertrand de Billy, der völlig zu Recht dem Staatsoperndirektor Dominique Meyer "Non" sagte zu den Kürzungsbegehren und die Leitung der Premiere zurücklegte.
Wer die Kürzung überhaupt wollte, und das ist der eigentliche Skandal, war der Regisseur, der den Staatsoperndirektor an seiner Seite hatte.
Das heißt, die Musik in der Oper bedeutet dem Operndirektor offenbar weniger als die Inszenierung. Dass der Dirigent der Hauptverantwortliche für den musikalischen Ablauf ist, dass er derjenige ist, der letzten Endes auch für Kürzungen in der Kritik steht, ignorierten der Regisseur und sein ausführendes Organ, der Staatsoperndirektor.
Wobei es keine Rolle spielt, dass es sich um gerade einmal zwei Minuten handelt. Es ist eine prinzipielle Frage: Hat in der Oper die Musik oder die Regie das Primat? Für die Wiener Staatsoper hat Meyer diese Frage beantwortet. Vielleicht gäbe er einen guten Burgtheaterdirektor ab, denn im Schauspiel gehören Kürzungen auch bei Klassikern tatsächlich zum Tagesgeschäft.