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In der Luft lauern viele unsichtbare Gefahren

Von WZ-Korrespondentin Elke Bunge

Wissen

Kleinste Partikel belasten Gesundheit. | "Fingerabdruck" verrät Verursacher von Emissionen. | Berlin. Feinstaub, das sind winzige Staubpartikel, die Ruß, Metalle, organische Verbindungen, Salze oder Pollen in Lunge und Bronchien transportieren können.


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Gelangen sie von dort in den Blutkreislauf, können sie krebserregend wirken, in einer beliebigen Region des menschlichen Körpers. Forscher des Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie die Zusammensetzung und auch die genaue Größe von Feinstaub-Partikeln analysieren können.

Wir bemerken Feinstaub-Partikel gar nicht. Ihre Konzentration steigt besonders an verkehrsreichen Straßen oder in der Nähe großer Industrieanlagen. Dort qualmen die Schlote, und aus den Auspuffen der Autos entweichen die Abgase. Die Gefahr liegt jedoch nicht in dem, was wir sehen, sondern in den für uns unsichtbaren Teilchen. Für Fachleute heißen sie: PM10 oder noch riskanter PM2.5.

PM steht für Particular Matter, die Partikelgröße. Die kleine Zahl dahinter bezeichnet den Durchmesser: 10 für eine maximale Größe von zehn Mikrometer, 2,5 für eine maximale Größe von zweieinhalb Mikrometern (µm), sie entsprechen 0,0025 Millimetern. Zweieinhalb Tausendstel Millimeter - das ist eine Größe, die kein Auge wahrnimmt. Aber gerade diese Teilchen sind für den menschlichen Organismus so gefährlich.

Nasenfilter reicht nicht

Werden gröbere Staubpartikel von unseren Flimmerhärchen der Nase und den Schleimhäuten noch abgefangen, so erreicht Feinstaub PM10 teilweise die Lunge, da die Filterwirkung des Nasen-Rachenraumes für feine Partikel mit weniger als zehn Mikrometer Durchmesser nicht ausreicht. Die ultrafeinen Partikel mit einem Durchmesser unter 2,5 µm erreichen schließlich die Lungenbläschen, unsere Alveolen, und werden von dort nur sehr langsam oder gar nicht wieder abgebaut.

Dies führt unter anderem zur Silikose, der sogenannten Staublunge, bei der die Leistungsfähigkeit der Lunge herabgesetzt ist, die Folge können Herz-Kreislauferkrankungen sein. Eine typische Erkrankung bestimmter Berufsgruppen, zum Beispiel der Bäcker. Der so genannte alveolengängige Mehlstaub gelangt in die Lunge und setzt sich dort in feinsten Verzweigungen nieder.

Die Zusammensetzung des Mehls ist bekannt, die der Feinstäube aus Industrie und Autoabgasen sind jedoch wesentlich vielfältiger. Sie kann zudem auch wesentlich schädlicher sein, wenn krebserregende Substanzen oder Schwermetalle enthalten sind. Man geht heute davon aus, dass diese Feinstaubpartikel, einmal in der Lunge angekommen, dort nicht nur verweilen, sondern auch weiter in den Blutkreislauf gelangen und sich die vielfältigen Schadstoffe im ganzen Körper verteilen. Um zu verstehen, was diese Schadstoffe in unserem Organismus bewirken, ist es dringend erforderlich die Zusammensetzung der unterschiedlichen Feinstäube zu kennen.

Zwei-Schritte-Verfahren

Das Messverfahren der Forscher besteht aus zwei Schritten: Zunächst trennen sie die Partikel mit Hilfe eines Gasstroms nach Größenklassen und sammeln sie auf Filtern. Denn gerade die Größe der Partikel ist ja von entscheidender Bedeutung: "Bisher richten sich die gesetzlichen Grenzwerte für Feinstaubemissionen nach dem Gesamtgewicht der Partikel", sagt Projektleiter Cord Fricke-Begemann. "Doch große Partikel sind viel schwerer als kleine. Mit Gewichtsmessungen kann man keinerlei Aussage darüber treffen, welche Menge an ultrafeinen Partikeln sich im Feinstaub befinden. Dabei sind diese deutlich gesundheitsschädlicher als die großen."

In einem zweiten Schritt untersuchen die Forscher des ILT die Zusammensetzung der Partikel mit der Laser-Emissionsspektroskopie "So können wir bestimmen, welche schädlichen Schwer- und Übergangsmetalle sich im Feinstaub befinden, etwa Zink, und in welcher Partikelgröße sie sich besonders anreichern", sagt Fricke-Begemann.

Die neue Methode liefert in weniger als 20 Minuten die Ergebnisse und erlaubt eine direkte Messung vor Ort - etwa in Stahlwerken. Dort lassen sich die Emissionswerte während der Produktion mit einer Weiterentwicklung des Verfahrens sogar "online", also in Echtzeit, messen und überwachen. Dazu werden die Partikel ständig über ein Luftrohr eingesogen und analysiert.  Jede Industrieanlage produziert Feinstaubemissionen. Dabei hinterlässt jedes Verfahren einen charakteristischen "Fingerabdruck", der etwas über die Zusammensetzung und Größenverteilung der Partikel verrät.

Dank ihrer Messmethode können die Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts die Luft in angrenzenden Wohnbereichen überprüfen und feststellen, woher die Partikel kommen. Und sie können helfen, Strategien zur Emissionsreduzierung für die untersuchten Anlagen zu erstellen.