Land ist polarisiert zwischen linkem Premier Fico und Rechtsextremisten.
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Bratislava. Er eilt in Umfragen von Bestmarke zu Bestmarke. Dabei hat der slowakische Premier Robert Fico erst bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im März einen Erdrutschsieg eingefahren und stellt mit seiner Linkspartei Smer die Regierung, der neben Smer-Abgeordneten noch vier parteilose Minister angehören. Würde derzeit gewählt werden, hätte Fico sogar eine verfassungsgebende Mehrheit sicher.
All das weist deutliche Parallelen zu Ungarn auf, wo die politische Szene von einem übermächtigen Viktor Orban paralysiert scheint. Dabei bemüht sich der Sozialdemokrat Fico, anders als sein ungarischer Amtskollege, bei jeder nur denkbaren Gelegenheit um Einbindung seiner demokratischen Gegenspieler im bürgerlichen Lager. Diese allerdings haben nach einer glücklosen Amtszeit der früheren Ministerpräsidentin Iveta Radicova drastisch an Unterstützung verloren, zumal sie bis heute "keine sinnvolle Alternative zu Fico präsentiert haben", wie es Jan Baranek von der Politikagentur Polis formuliert.
Die Politologin Adriana Mikulcikova von der Universität Matej Belo im mittelslowakischen Banska Bystrica bringt die Situation so auf den Punkt: "Wer nicht für Fico ist, hält rechten Extremisten die Stange." Eine politische Mitte gebe es praktisch nicht mehr. Der latente Extremismus äußere sich so, "dass die Leute Extremisten zwar nicht offen unterstützen, wohl aber ihr Auftreten und ihre Slogans billigen".
Roma werden drangsaliert
Die Politologin erklärt sich die Entwicklung damit, "dass soziale und wirtschaftliche Probleme bei uns nicht gelöst zu werden scheinen, die Leute suchen ganz einfach einen Schuldigen für die schlechten Zustände". Darin liegt übrigens ein wichtiger Unterschied zu Extremistensympathisanten in Ungarn. Wer dort die Rechtspartei Jobbik unterstützt, begründet dies in der Regel mit "Sorgen um den Fortbestand der ungarischen Nation".
Mikulcikova denkt vor allem an den gesellschaftlichen Ausschluss von Angehörigen der Roma-Minderheit. "Wenn die Polizei nicht einschreitet, kommen eben Extremisten und schaffen das, was sie Ordnung nennen", sagt Mikulcikova und hat dabei die Situation im ostslowakischen Krasnohorske Podhradie im Auge.
Auf der nur einen Steinwurf entfernten Burg Krasna Horka brach am Tag der Parlamentswahlen ein Großbrand aus. Dieser war angeblich von zwei jungen Roma verursacht worden, die versucht hatten, sich Zigaretten anzuzünden. Seither wurden die ungefähr 900 Roma in Krasnohorske Podhradie vom Rechtsextremisten Marian Kotleba und seinen Anhängern drangsaliert. Für das vergangene Wochenende hatte Kotleba im Internet zum Abreißen der Roma-Siedlung aufgerufen. Der Angriff wurde nur durch ein Großaufgebot der Polizei verhindert. Die Beamten riegelten alle Zufahrtswege zur Siedlung ab und nahmen Kotleba und andere Verdächtige vor der Anreise fest.
Auch der Politologe Miroslav Kusy von der Komenius-Universität in Bratislava ist davon überzeugt, dass die wirtschaftliche Entwicklung eine Schlüsselrolle für den Erfolg der Extremisten spielt. Und sie könnte dem derzeit so populären Fico noch gefährlich werden. "Wegen der Krise sind keine großen sozialen Wohltaten möglich, stattdessen muss der Regierungschef auf Kosten breiter Bevölkerungsschichten einsparen und kürzen, das kann ihn viele Sympathien kosten", analysiert Kusy.