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In Deutschland ist heuer ein Superwahljahr

Von Jürgen Petzold

Politik

In Deutschland ist heuer ein Superwahljahr: 2004 wird nicht nur das Europaparlament neu gewählt. Es gibt auch fünf Landtagswahlen sowie Kommunalwahlen in acht der 16 Bundesländer. Und in Berlin wird außerdem die Bundespräsidentenwahl am 23. Mai hohe Wellen schlagen.


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Den Auftakt wird voraussichtlich die vorgezogene Neuwahl der Hamburger Bürgerschaft machen, die für den 29. Februar geplant ist. Diese Abstimmung wurde notwendig, nachdem Bürgermeister Ole von Beust (CDU) seine Mitte-Rechts-Koalition wegen der Dauerquerelen um Ex-Innensenator Ronald Schill hatte platzen lassen.

Von Beust hat in der Auseinandersetzung mit seinem Widersacher an Sympathien gewonnen. Doch es ist noch offen, ob er sich in der traditionellen SPD-Hochburg Hamburg ohne die ungeliebte Schill-Partei im Amt halten kann. Jüngsten Meinungsumfragen zufolge ist eine absolute Mehrheit der CDU möglich. Die Selbstauflösung der Bürgerschaft ist für den 30. Dezember diesen Jahres vorgesehen, erst danach wird der Wahltermin endgültig festgelegt.

Am 23. Mai wird die Bundesversammlung zusammentreten, um den Nachfolger für Bundespräsident Johannes Rau zu wählen. Wegen der starken Stellung der Union in dem Gremium gilt die Wahl ihres Kandidaten als wahrscheinlich. Wer für CDU und CSU ins Rennen gehen wird, soll Anfang 2004 festgelegt werden. Im Gespräch sind auch Fraktionsvize Wolfgang Schäuble und CSU-Chef Edmund Stoiber. Unklar ist noch die Haltung der FDP: Sie wird von der Union für eine Mehrheit in der Bundesversammlung gebraucht, doch bei den Liberalen wird auch mit einem eigenen Kandidaten geliebäugelt.

Einen Superwahltag gibt es dann am 13. Juni: Die Europawahlen an diesem Sonntag nutzt das Land Thüringen, um gleichzeitig Landtagswahlen im Freistaat abzuhalten.

Während die Europawahl der wichtigste Stimmungstest für die Bundesparteien im kommenden Jahr ist, wird die Landtagswahl die "Feuertaufe" für Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sein. Erst im vergangenen Juni vom Erfurter Landtag in sein Amt gewählt, muss er sich ein Jahr danach erstmals dem Wähler stellen und seine absolute CDU-Mehrheit verteidigen. Sein Herausforderer ist der SPD-Landesvorsitzende Christoph Matschie. Ihm werden nur begrenzte Chancen für einen Wahlerfolg eingeräumt.

Ebenfalls am 13. Juni finden in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen und in Sachsen-Anhalt Kommunalwahlen statt.

In Thüringen sind die Kommunalwahlen erst zwei Wochen später, am 27. Juni.

Auch der September ist vollgespickt mit Wahlterminen: Am 5. September wird im Saarland ein neuer Landtag gewählt. Nach derzeitigem Stand hat Ministerpräsident Peter Müller (CDU) gute Chancen, seine absolute Mehrheit gegen SPD-Herausforder Heiko Maas zu verteidigen. Im Wahlkampf dürfte einmal mehr der umstrittene Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine von sich reden machen.

Am 19. September finden in Brandenburg und Sachsen Landtagswahlen statt: Mit Spannung wird vor allem erwartet, ob sich der Potsdamer Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) im Amt halten kann. Er hatte in der laufenden Legislslaturperiode die Nachfolge des früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) angetreten, hat aber neben seinem jetzigen Koalitionspartner CDU mit Innenminster Jörg Schönbohm keinen leichten Stand. Bei den Kommunalwahlen im Oktober diesen Jahres sackten die Sozialdemokraten auf 23,5 Prozent ab.

Ebenso wie Althaus und Platzeck muss sich auch Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) erstmals dem Wähler stellen. Er hat nach derzeitigem Stand der Dinge gute Chancen, sein Amt zu verteidigen. Schließlich verzichtete der Hoffnungsträger der sächsischen SPD, Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee, auf eine Spitzenkandidatur. Der SPD-Herausforder soll nun per Urwahl am 1. Februar ermittelt werden. Kandidaten sind die SPD-Landeschefin Constanze Krehl und der Fraktionsvorsitzende Thomas Jurk. Große Bedeutung wird auch den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 26. September beigemessen. Sie gelten als letzter Stimmungstest vor den Landtagswahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland, die für Frühjahr 2005 geplant sind.