Im Haus Laaerberg dürfen Besucher ins "Plauder Platzl" auch ohne Maske kommen. Jedes Heim gibt sich andere Vorschriften.
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In den vergangenen Monaten wurden unsere Freiheiten deutlich einschränken. Vor allem Risikopatienten wurden so gut wie möglich vom öffentlichen Leben abgeschirmt. Für Bewohner von Pensionisten-Wohnhäusern und Pflegeheimen galt deshalb zwischen 13. März und 4. Mai ein Besuchsverbot. Möglicherweise hat das dazu beigetragen, dass es in Österreich vergleichsweiße wenige Corona-Tote gibt. 0,2 Prozent der Heimbewohner sind bis 9. Juni in Österreich verstorben. In Schweden waren es zwei Prozent und in Belgien sogar 3,7 Prozent. Jedoch muss man mitbedenken, dass es in verschiedenen Ländern, verschiedene Zählweisen gibt.
Die "Wiener Zeitung" hat sich auf Lokalaugenschein begeben, um nachzufragen, wie das Leben in Alters- und Pflegeheimen zweieinhalb Monate nach der Öffnung aussieht.
Kein genereller Notfallplan
Im Haus Laaerberg, ein Pensionisten-Wohnhaus der Stadt Wien, gab es bis jetzt keinen einzigen Corona-Fall. Wenn es zu einzelnen Verdachtsfällen kommt, sondern sich die Bewohner bis zu einem Testergebnis selbst ab.
Falls die Infektionszahlen in Österreich wieder stark ansteigen, rechnen die Pflegeheime mit speziellen Maßnahmen der Regierung, sagt Arthur Rosar, Teamleiter der Hausbetreuung im Haus Laaerberg. Für den Notfall hat das Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäusern ein Pandemie-Board eingerichtet. Demnach sind Massenscreenings vorgesehen, falls es zu einer Häufung von Corona-Fällen kommen würde oder wenn Infektionsketten nicht mehr rückverfolgbar sind. Auch gibt es die Möglichkeit, Bewohner mit hohem pflegerisch-medizinischen Bedarf zu isolieren. "Das Wichtigste in diesem Zusammenhang ist, dass die Maßnahmen angemessen, verhältnismäßig, nachvollziehbar und transparent sind", sagt Rosar. Einen generellen Notfallplan gibt es nicht. Die Maßnahmen werden in den Heimen individuell der Situation angepasst.
Besuch im "Plauder Platzl"
Während des Lockdowns wurde vermehrt auf Videotelefonie gesetzt. Eine Ausnahme bildeten und bilden Palliativpatienten, die auch während des Lockdowns unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen besucht werden durften.
Um auch für alle anderen Bewohner Besuche schnell wieder zu ermöglichen, wurde Anfang Mai das "Plauder Platzl" eingerichtet. Nach einer Voranmeldung und unter Einhaltung von Hygieneregeln durften jeweils ein Bewohner und ein Besucher einander hier treffen.
Seit Juli dürfen die Senioren wieder zwei Personen in ihren Wohnungen empfangen. Dabei gilt aber immer noch Maskenpflicht und die Einhaltung des Sicherheitsabstandes von einem Meter. Außerdem werden die Besucher dazu angehalten, ihre Kontaktdaten in eine Liste einzutragen, damit - falls es zu einen Corona-Verdachtsfall kommt - die Infektionskette nachvollzogen werden kann.
"Sind uns nähergekommen"
Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Pensionisten-Wohnhäuser zu 90 Prozent wieder zur Normalität zurückgekehrt. Während des Lockdowns wurden kleinere Teams gebildet, um mögliche Infektionsketten gering zu halten. Das Essen wurde aufs Zimmer gebracht, um eine größere Ansammlung an Menschen zu vermeiden.
Für Betreuerin Sanja Popovic vom Stationären Bereich war die Situation nicht schwieriger als sonst. "In der Arbeit mit älteren Menschen ist man daran gewöhnt, mehr auf Hygiene zu achten, um die Senioren vor Erkrankungen zu schützen", erzählt sie. Es sei auch zu keiner Distanzierung zwischen Bewohnern und Betreuern gekommen. "Dadurch, dass die Betreuer bis zu einem gewissen Grad die Angehörigen ersetzen mussten, sind sie sich fast noch nähergekommen", sagt die Pflegerin.
Schwierig sei das Arbeiten mit Schutzanzügen gewesen, wenn Bewohner unter Corona-Verdacht gewesen seien. Schwierig sei auch gewesen, Bewohnern, die die Situation nicht verstehen konnten, immer wieder erklären zu müssen, warum sie keinen Besuch ihrer Angehörigen bekommen dürften. Das habe sie sehr belastet. "Es braucht sehr viel Kraft und Energie, das zu erklären und ein bisschen Schauspielerei."
Man ist nicht allein
Johanna Klement ist 83 Jahre alt und lebt seit einem Jahr im Haus Laaerberg im betreuten Wohnen. Vor ihrer Pension war sie Chefsekretärin. Für sie waren die strengen Maßnahmen kein Problem. An sich konnte sie ihren Alltag wie gewohnt weiterführen. "Es ist für mich immer gleichgeblieben, es ist alles in Ordnung gewesen." Auch wenn Frau Klement das Haus nicht verlassen konnte, war sie viel im Garten spazieren. Normalerweise bekommt sie zwei- bis dreimal die Woche Besuch von ihrem Sohn. Zurzeit telefonieren sie täglich.
Die 86-jährige Ernestine Holzbauer, die früher im Verkauf tätig war, lebt seit drei Jahren im Haus Laaerberg, ebenfalls im betreuten Wohnen. Sie konnte mit der Situation nicht so gut umgehen. Ihr hat die Nähe gefehlt, vor allem zu ihren zwei Töchtern, die sie normalerweise wöchentlich trifft. Aber auch die Gemeinschaft mit den anderen Bewohnern fehlte ihr. "Ein jeder hat um den anderen einen Bogen gemach", erzählt sie. Umso schöner fand sie das gemeinschaftliche Singen am Fenster. "Da hat man gemerkt, dass eigentlich ein jeder dasselbe durchmacht."