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In DNA gemeißelt

Von Christa Hager

Wissen
Klein, kleiner, am kleinsten: DNA mit 750 KB Daten.
© Ars Electronica

Forscher arbeiten an DNA als Speichermedium für digitale Infos.


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Linz. Von allen Speichermedien, die der Mensch bisher entwickelt hat, ist sie wohl die unspektakulärste: die Desoxyribonukleinsäure (DNA). Denn klein wie ein ausgetrockneter Salzwassertropfen sieht rund ein Megabyte aus, wenn es statt auf magnetischem Material auf DNA-Molekülen gespeichert wird.

Menschliches Wissen in das Informationsmedium der Natur einzuschleusen, das ist Anfang 2013 dem britischen Mathematiker Nick Goldman gelungen. Mittels Standardverfahren wie DNA-Synthese und DNA-Sequenzierung haben er und sein Team vom European Bioinformatics Institute in Hinxton in England fünf Dateien mit insgesamt 750 KB gespeichert und anschließend wieder dekodiert. Darunter alle Shakespeare-Sonette als Textdatei, einen Ausschnitt aus Martin Luther Kings berühmter Rede "I have a dream" im mp4-Format, eine Fotografie sowie pdf-Dateien. Der Versuch war erfolgreich, alle Dateien konnten auf einem anderen Computer gelesen und verwendet werden. "Die Dekodierung hat funktioniert, die Fotos sahen gleich aus, auch die Texte waren dieselben", freut sich Goldman während seines Vortrags bei der Ars Electronica in Linz.

Diese Methode lasse sich nach einigen Verbesserungen auch in größerem Maßstab einsetzen, in einem Lieferwagen hätten dann die gesamten Daten der Welt Platz, sagt er. Was auch nötig wäre, denn bisher gibt es keine sichere und langfristige Methode, digitale Daten in diesem Umfang zu archivieren. Das liegt zum einen an den Medien, zum anderen an den Abspielgeräten: CDs, DVDs, Festplatten oder Magnetbänder sind wartungsintensiv, die Maschinen zum Auslesen müssen ständig aktualisiert werden.

2,7 Zettabyte Daten

Schätzungen zufolge werden 2016 weltweit so viele Daten durch das Internet laufen, wie bisher gespeichert wurden. Insgesamt wird die Menge an bisher gespeicherten Daten - inklusive der noch erhaltenen Schrifttafeln - auf 2,7 Zettabyte angegeben, davon ist weniger als ein Prozent analog. Bis 2015 schätzt man, dass die Datenmenge auf acht Zettabyte anwachsen wird. Zum Vergleich: Mit 2,7 Zettabyte könnte man 500 Mal mit DIN-A4-Blättern die Erde umwickeln. Mit dem Gedächtnis der Natur sollte es Goldman zufolge einfach sein, diese Informationsmengen auch in ferner Zukunft wieder auszuwerten. "Die DNA ist ein bewährtes Medium - seit mehr als 3,5 Milliarden Jahre gibt sie Informationen weiter."

Was braucht man dazu, um digitale Daten in DNA zu speichern? Einen Decoder, einen Encoder und eine Sequenzer-Maschine. Sowie einen stabilen, kühlen und trockenen Ort zur Lagerung. Glaubt man Goldman, so kann die Methode in 100 bis 150 Jahren in großem Umfang angewendet werden. "Vielleicht aber schon viel früher, denn die Entwicklung geht rasch vor sich", sagt er. Die Maschinen seien aber noch sehr teuer, sehr groß, und aufwendig zu bedienen. An einer handflächenkleinen DNA-Lesemaschine werde aber gerade gearbeitet. Für den privaten Gebrauch könnte es allerdings viel schneller gehen. "Vor sechs Monaten hätte ich noch gesagt, dass es wegen der Kosten und wegen der Geschwindigkeit sicher noch zehn Jahre dauern wird, bis es sich eine Privatperson leisten kann, wirklich wichtige Information sicher im Kühlschrank aufzubewahren. Aber auch hier kann es schneller gehen, als man für möglich hält."