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In Einzelfällen tödlich

Von Wolfgang Kappler

Wissen

Auch wenn die Werbung mancher Institute bisweilen zweideutig ist: Fettabsaugen ist kein Verfahren zur allgemeinen Gewichtsreduktion. Seriös arbeitende plastische Chirurgen weisen darauf immer wieder hin und klären darüber auf, dass die Liposuktion ein Eingriff mit schweren Komplikationen und sogar tödlichen Folgen sein kann. Auch verbessern sich nach einem solchen Eingriff trotz Gewichtsverlust die Risikofaktoren für Herz-Gefäß-Krankheiten und Diabetes nicht.


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Zu diesem Resultat kam aktuell Dr. Samuel Klein von der Universität St. Louis/Michigan, der damit die Hoffnung tausender adipöser Menschen zunichte macht, mit der chirurgischen Fettreduktion insgesamt gesünder zu werden. Klein hatte 15 fettleibige Frauen in seine Pilot-Studie einbezogen, davon sieben mit einem Diabetes Typ II, denen bis zu elf Kilogramm Fett abgesaugt wurden. Nach drei Monaten stand fest, dass sich bei den Diabetikerinnen weder Blutdruck, Blutfette und Blutzucker, noch die für Gefäßkrankheiten entscheidenden Entzündungsfaktoren und das Ansprechen auf Insulin verbesserten.

Damit bestätigt Klein einmal mehr die Überzeugung vieler Experten, dass das Absaugen von Bauchfett über den kosmetischen Effekt alleine auf das psychische Wohlbefinden wirkt, nicht aber auf die allgemeine körperliche Verfassung.

Viele Adipöse liebäugeln am Ende einer von Misserfolgen begleiteten Serie von Diäten und Bewegungsprogrammen mit dem Gedanken, sich mit chirurgischer Unterstützung von den verhassten Fettpolstern zu befreien. Kein Wunder also, dass das Fettabsaugen zu den häufigsten Eingriffen der Schönheitschirurgie zählt. Es ist aber auch der einzige Eingriff, bei dem plastische Chirurgen heftige Manöverkritik üben.

"Das ist das einzige Gebiet, wo wir Tote haben", klagt Prof. Rolf R. Olbrisch, Präsident der "Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen" aus Düsseldorf. Immerhin 14 Todesfälle waren es in Deutschland im letzten Jahr, und das für einen Eingriff, der eigentlich nicht notwendig sei, so Olbrisch: "Das ist eine Katastrophe." Bei anderen plastisch-ästhetischen Eingriffen dagegen ist keine einzige Todesfolge zu beklagen.

Die Komplikationsrate bei der Liposuktion liegt mit neun Prozent recht hoch. Das Spektrum reicht dabei vom unbefriedigenden kosmetischen Ergebnis bis hin zur lebensbedrohlichen Embolie und Infektion. Man müsse sich stets vor Augen führen, dass durch die Fettabsaugung große Wunden unter der Haut mit entsprechenden Problemen entstünden, warnte beispielsweise auch Prof. Hans-Ulrich Steinau, Bochum, in einem Artikel in der Ärztezeitung.

Fettabsaugen ist eine Methode mit relativ begrenztem Einsatz: Fettpolster an Oberschenkeln, Unterbauch, Knie, Hüfte, Kinn, Nacken und beim chronischen Lymphödem. Vorrangig geht es um die Beseitigung örtlicher Fett-Fehlverteilungen, nicht jedoch um eine generelle Gewichtsreduktion. Deshalb erstatten die Kassen auch nur in Ausnahmefällen die Kosten, wobei sie in aller Regel ein psychologisches oder psychiatrisches Gutachten fordern.

Wie beim Fettabsaugen warnen viele plastische Chirurgen auch vor zu hohen Erwartungen und einem leichtfertigem Gebrauch der sogenannten Fett-weg-Spritze. Der Wirkstoff Phosphatidylcholine, ein Cholesterinsenker, zersetzt nach Injektion auf chemischem Weg das Fett. Da dieses allerdings vom Körper nicht immer gänzlich abtransportiert wird, kann es zu Entzündungen, Zysten und Dellen kommen.

Dennoch brauchen Adipöse nicht zu verzweifeln. Mit dem sogenannten Magenband und dem Magenbypass können Chirurgen heute den Magen verkleinern, bzw. die Passage des Nahrungsbreis beschleunigen, so dass die Fettaufnahme deutlich gesenkt und Übergewicht abgebaut wird.

Hoffnung wecken auch Meldungen aus den USA. Dort haben Forscher mit einer Substanz die Blutversorgung im Fettgewebe adipöser Mäuse unterbunden, die daraufhin innerhalb von vier Wochen ein Drittel ihres Gewichtes verloren. Ein Ansatz, der aus der Krebsforschung bekannt ist. Denn auch Tumoren benötigen zum Wachsen Nährstoffe aus dem Blut. Durch Ausschaltung ihres Blutversorgungssystemes werden sie quasi ausgehungert. Zumindest im Tierversuch ist dies nun auch mit Fettgewebe gelungen, ohne dass sich Fett in anderen Organen ansammelte. Bei den Mäusen verbesserte sich mit der Gewichtsabnahme auch der Zuckerstoffwechsel. Bis ein solches Verfahren beim Menschen Anwendung findet, werden allerdings noch Jahre vergehen.

Übergewichtige sollten die Zeit nutzen, um sich Vorbilder zu suchen. Beispielsweise solche wie den Trierer Orthopäden Peter Krapf, der innerhalb von zwei Jahren durch Bewegung und ausgewogene Ernährung 100 Kilo verloren hatte. Sein Erfahrungsbericht ist jetzt in Buchform erschienen: "10 x 10-Kilo-weg-Buch", Kneipp Verlag Leoben, Wien, 2003, 94 Seiten, 17,90 Euro, ISBN 3-902191-52-X.

Weitere Informationen und kritische Stellungnahmen zu Fettabsaugen und Fett-weg-Spritze finden sich auf den Internet-Seiten der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie mit Sitz in Karlsruhe im Internet unter www.dgaepc.de bzw. http://www.dgaepc.de .