EU fördert Großkonzerne, Investoren auch aus Österreich sind gut im Geschäft.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Wenn die Großen kommen, müssen die Kleinen in der Landwirtschaft weichen. Gegen gut vernetzte und finanzkräftige Investoren haben kleine Bauern kaum eine Chance. Sie verlieren ihr Land, auch, wenn sie es gar nicht hergeben wollen. Großkonzerne kontrollieren nach und nach die lokale Landwirtschaft. Land-Grabbing wird diese Praxis genannt und ist vor allem aus Afrika und Asien bekannt.
Kaum beachtet wurde bisher, was sich mitten in Europa abspielt: Auch hier kaufen wenige Investoren und Großkonzerne zunehmend riesige Landwirtschaftsflächen auf und stellen damit kleine Bauern vor große Probleme. Das ist zumindest das Ergebnis einer am heutigen Mittwoch veröffentlichte Studie der Hands-off-the-Land-Allianz und der europäischen kleinbäuerlichen Vertretung Via Campesina, die der "Wiener Zeitung" vorliegt. Das Fazit: Drei Prozent aller Eigentümer besitzen mehr als die Hälfte der europäischen Anbaugebiete. Auch österreichische Investoren sind groß im Geschäft.
Genau unter die Lupe genommen wurden beispielsweise die Zustände in Rumänien. So berichtet Attila Szocs von der rumänischen Organisation EcoRuralis, dass Firmen, die dem österreichischen Investor Andreas Bardeau zugeordnet werden, in den westlichen Landkreisen Timis und Arad seit Jahren Land aufkaufen und inzwischen über 27.000 Hektar Ackerland besitzen, erzählt Szocs der "Wiener Zeitung". Damit sei Bardeau der viertgrößte ausländische Investor in Rumänien. Viele der Landwirte würden schlecht aussteigen. "Bardeau beispielsweise hat deswegen einige Klagen am Hals", erzählt Szocs. Trotz Anfrage der "Wiener Zeitung" war es nicht möglich, eine Stellungnahme vonseiten des Unternehmens einzuholen.
Für seine Geschäfte in Rumänien hat der Österreicher Bardeau laut den Recherchen von Szocs die Bardeau Holding Romania gegründet. Dazu gehören 16 Unternehmen, die jeweils auf einen Bereich spezialisiert sind, unter anderem auf Tierzucht oder Lagerung. So kann die gesamte Wertschöpfungskette abgedeckt werden - Klein- und Mittelbetriebe können da meist nicht mithalten.
Monokulturen für Export
Generell produzieren Großkonzerne meist für den Export, damit kommt der landwirtschaftliche Ertrag nicht der lokalen Bevölkerung zugute. Für die einfachere Bewirtschaftung entstehen riesige Monokulturen. Viele Großkonzerne argumentieren, dass sie Arbeitsplätze schaffen und den Zugang zu Know-How ermöglichen.
Auch in der Ukraine sorgt die Verteilung von Landbesitz für Zündstoff. Mit ihren 32 Millionen Hektar Ackerfläche und den fruchtbaren Schwarzerde-Böden lockt das osteuropäische Land sogenannte Agroholdings an. Diese Agrargroßunternehmen sind nach der Sowjet-Zeit entstanden und oft im Besitz von wenigen Oligarchen, meist aber auch an internationalen Börsen notiert. Unter der zunehmenden Monopolisierung der ukrainischen Landwirtschaft leide die lokale Versorgungssicherheit, erklärt die Politikwissenschaftlerin Christina Plank von der Universität Wien.
Offiziell darf Land in der Ukraine oder Rumänien von ausländischen Investoren nicht gekauft werden; die Konzerne können die Flächen nur pachten. Hindernis ist das kaum: "In den Papieren ist der ursprüngliche Besitzer eingetragen, aber de facto wird das Land von den großen Akteuren kontrolliert", sagt Plank. Oft gründen Investoren nationale Holdings, um dadurch legal einkaufen zu können. Oder der Grund wird illegal gekauft. Weigert sich ein Kleinbauer, dessen Land an bereits verpachtete Grundstücke angrenzt, den Pachtvertrag zu unterschreiben, wird sein Land häufig einfach mitbewirtschaftet.
Dass es junge Landwirte zunehmend schwer haben, ist eine Feststellung, die sich durch die gesamte Studie zieht. Egal ob Rumänien, die Ukraine oder Frankreich: Für Jungbauern wird der Eintritt in die Landwirtschaft zunehmend zum Hürdenlauf. So unterstützen die Regierungen mit ihren Förderungen oft nur Großkonzerne. "Das große Geld fließt an die großen Konzerne", sagt Plank. In Österreich etwa kommen zudem noch hohe Preise für den Ankauf von Land hinzu.
EU fördert Großkonzerne
Zudem kritisieren die Studienautoren, dass Großkonzerne zudem im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU zusätzlich gefördert werden. So haben 2009 in Spanien 16 Prozent der Produzenten 75 Prozent der Subventionen erhalten.
In Ungarn hingegen sind bis dato 93 Prozent der bäuerlichen Bevölkerung vom Fördersystem ausgeschlossen - sie müssen ihr Land verpachten oder verkaufen, um überleben zu können.