)
Die Region um den größten Seichtwassersee Europas, den Balaton (Plattensee), hat ehrgeizige Pläne für ihre touristische Zukunft. Neben den Reizen des 600 km² großen Sees soll den Touristen in den nächsten Jahren ein größeres und moderneres Kur- und Wellness-Angebot offeriert werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Feierliche Musik, leuchtende Augen und ein Tüllkleid, das an längst vergangene Zeiten von Barbie erinnert - das "Mädchen des Balatons" bekommt ihr Krönchen aufs Haupt gesetzt. "Ihr Vater hat zwei Restaurants und ein Hotel", moniert ein Beobachter des Geschehens, der lieber die Nummer drei als Siegerin gesehen hätte. Am nächsten Tag übergibt - nach einem Umzug mit Blasmusikkapelle und Kindervolkstanzgruppe - der Leiter des Nationalen Ungarischen Tourismusbüros feierlich den Schlüssel der "Sommerhauptstadt" an den Bürgermeister von Siófok, Árpád Balázs. Die Sommersaison ist eröffnet.
Etwa 23.000 Einwohner zählt die Stadt Siófok am Südufer des Plattensees; pro Saison werden rund 500.000 Gästeübernachtungen gezählt. Der überwiegende Teil der Touristen kommt aus Deutschland und Österreich (über zwei Drittel der ausländischen Touristen sind deutschsprachig). Eine deutlich zunehmende Tendenz zeigt sich bei den Besuchern aus Polen und auch die Gäste der anderen ehemaligen Ostblockländern, wie aus der Ex-DDR scheinen den Plattensee wieder zu entdecken. In der Vor- und Nachsaison sind es vor allem die Senioren, die am Plattensee Urlaub machen, in der Hauptsaison überwiegen Familien mit Kindern und Jugendliche. Während die Preise für Österreicher hier nach wie vor günstig sind, bleiben selbst die 3-Stern-Hotels für den ungarischen Durchschnittsbürger kaum erschwinglich. So kostet etwa ein Doppelzimmer im Accor-Pannonia-Hotel "Europa" (direkt beim See) in der Vorasaison 15.400 bis 18.200 Forint was ca. 860 bis 1.020 Schilling entspricht. Daher gibt es in der Vorsaison für die Ungarn Ermäßigungen. Das Angebot für die verschiedenen Zielgruppen ist vielfältig: Die schöne Aussicht auf den 600 m² großen Plattensee, Ruhe in der Vorsaison, Action und aktive Freizeitmöglichkeiten (Reiten, Radfahren, Bungee-Jumping, ...) in der Hauptsaison.
So weit, so gut - doch auch wenn die Touristen immer mehr Geld da lassen, so sei die Anzahl der Gäste in den letzten fünf Jahren fast stagniert, äußert der Leiter des Nationalen Ungarischen Tourismusbüros, László Árva, besorgt. Daher werde es Zeit, vorhandene Ressourcen besser zu nutzen und Aktivitäten zu setzen, um die Saison auszuweiten. Gemeint sind damit in erster Linie die Thermalquellen, über die diese Region verfügt, wie zum Beispiel in den Thermalbädern von Kaposvár oder Csisztapuszta bei Buzsák. Der Tourismusexperte Árva spricht gar von der "größten Thermalwasserreserve in Europa". Mit Unterstützung durch Mittel aus dem "Szechenyi-Plan" soll sich in den nächsten Jahren auch Siófok zu einem Kur- und Wellnessort entwickeln. "In fünf Jahren kann Ungarn das Gesundheitszentrum Europas sein", zeigt sich Árva optimistisch, denn der Bedarf an Gesundheits- und Wellnesseinrichtungen in Europa werde hoch bleiben: Die Jungen würden vorsorgen und die Alten - die ja immer mehr werden - würden versuchen ihre Leiden zu lindern oder zu heilen.
Der "Szechenyi-Plan" ist ein auf sechs Jahre konzipierter Entwicklungs- und Förderungsplan des ungarischen Wirtschaftsministeriums, in dessen Rahmen allein für die Förderung des ungarischen Tourismus im Jahr 2001 ein Betrag von 1,2 Mrd. Schilling zur Verfügung gestellt wird. Durch die Schwerpunktsetzung auf Heil-, Thermal- und Wellnesstourismus sowie Geschäfts-, Kongress- und Incentivetourismus soll eine Ausrichtung auf ein höheres Qualitätsniveau gelingen.
Mit Unterstützung aus diesen Mitteln plant die Stadt Siófok, das 63 Grad heiße Wasser aus einer etwa 20 km entfernten Thermalquelle in die Stadt einzuleiten. Neben dem Bau eines öffentlichen Kur- und Wellnesszentrums sollen damit natürlich auch Investoren für neue Kur- und Wellnesshotels gewonnen werden. Auch Harbura Gyula, Generaldirektor der Pannonia-Hotels ist von dieser Strategie überzeugt: "Das neue Modell der Wellness und Fitness hat Zukunft in Ungarn."