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In ganz Europa sorglos umtauschen -mit einheitlichem Verbraucherschutz

Von Matthias G. Bernold

Europaarchiv

Im Rahmen des 14. Österreichischen Juristentages analysieren Rudolf Welser und Brigitta Jud die neue EU-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und deren Auswirkungen auf die - schon längst fällige - Reform des österreichischen Gewährleistungsrechts. Bis zum 1. Jänner 2002 muss der Verbraucherschutz in der EU harmonisiert werden.


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Wer gern in die benachbarten EU-Länder auf Shopping-Tour geht, wandelte bisher in einem rechtlichen Irrgarten. 15 verschiedene Kaufrechtssysteme mit 15 unterschiedlichen Gewährleistungs- und Garantieregelungen hinterließen nicht nur beim Rechtsunkundigen ein gewisses Gefühl der Hilflosigkeit. Solange die Anschaffung aus dem Ausland funktionierte, gab es keine Probleme, aber wehe das Ding ging kaputt.

Mit der neuen EU-Richtlinie, die bis zum 1. Jänner 2002 in den Mitgliedsländern umgesetzt werden muss, soll die unbefriedigende Situation der divergierenden nationalstaatlichen Normensysteme ein Ende finden. Nach der Formel: Gleiche Währung, gleiche Verbraucherrechte, soll der Konsument einen "einheitlichen Sockel von Rechten" bekommen, um überall in Europa sorglos einkaufen zu können.

Freie Bahn für E-Commerce

Schwierigkeiten bei Umtausch oder Reparatur sollen dann der Vergangenheit angehören. Insbesondere Behinderungen der "Weiterentwicklung des Warenkaufes mit der Hilfe der neuen Fernkommunikationstechniken" - sprich E-Commerce - will man in Zukunft verhindern.

In Österreich haben die europäischen Reformbestrebungen einen überaus positiven Nebeneffekt: denn die Reform der hiesigen Verbraucherschutzbestimmungen ist schon längst überfällig. Das aus dem Jahre 1811 stammende Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) regelt die Gewährleistung auf höchst komplizierte Weise und wurde von der Jurisprudenz allgemein als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Seit 1995 exisitiert bereits ein entsprechender Ministerialentwurf zur Novellierung des ABGB, dessen Umsetzung wohl in erster Linie daran scheiterte, dass man die EU-Richtlinie abwarten wollte Eine Hauptneuerung, die die Richtlinie bringen wird, ist die europaweite Angleichung der Fristen. Zumindest zwei Jahre lang soll der Verkäufer für eine mangelhafte Ware in Anspruch genommen werden können, wenn der Mangel schon im Zeitpunkt der Übergabe bestanden hat.

2 Jahre Gewährleistungsfrist

Die EU-Staaten können die zweijährige Frist allerdings auch überschreiten. Allein bei Gebrauchtwaren dürfen die Mitgliedsländer die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr verkürzen.

Der österreichische Ministerialentwurf aus 1995 sah eine einheitliche Gewährleistungsfrist von drei Jahren für bewegliche und unbewegliche Sachen vor. Damit hätte endlich die als überholt angesehene Differenzierung zwischen Immobilien und anderen Gütern ein Ende.

Kommt eine Rügepflicht?

Verschiedentlich von Experten gefordert und von der Richtlinie her erlaubt, ist die Einführung einer Rügepflicht. D.h., fällt dem Konsumenten ein Mangel an einer Ware auf, so muss er, um Gewährleistung geltend machen zu können, den Mangel beim Gewährleitungspflichtigen innerhalb einer bestimmten Frist anzeigen. Macht er dies nicht - hat er sein Gewährleitungsrecht verloren.

Im Zuge der Reform soll auch gleich die 30-jährige Verjährungsfrist im Schadenersatzrecht auf 10 Jahre verkürzt werden. Grund: Seit 1990 lässt die Judikatur volle Konkurrenz zwischen Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüchen zu. Das ließ die Bedeutung des Instituts der Gewährleistung stetig schwinden und die Händler für Jahrzehnte vor Schadenersatzforderungen zittern, die nur allzu oft schwierig zu widerlegen waren.