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Morgen wählen die Ghanesen einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament. Die dritten Wahlen der Vierten Republik Ghanas könnten zum ersten friedlichen und demokratischen Machtwechsel in Ghanas kurzer demokratischer Geschichte führen. Sie könnten "alternative Möglichkeiten des Wandels" in einem Land, das den autokratischen Weg gewohnt ist, anzeigen, erklärt Audrey Gadzekpo, Journalistin und Lektorin am Institut für Massenkommunikation der Universität von Legon in Ghana, die Bedeutung der Parlaments- und Präsidentenwahlen am 7. Dezember in der ehemaligen Goldküste Afrikas. Dann nämlich, wenn der "National Democratic Congress" (NDC) von der "National Patriotic Party" (NPP) abgelöst werden würde.
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Dass auf jeden Fall auch ein neuer Präsident gewählt werden wird, liegt daran, dass der momentane, Jerry John Rawlings, der sich 1979 und 1981 an die Macht putschte und unter dem der demokratische Wandel 1992 mit der Vierten Republik eingeleitet wurde, bereits zwei Mal vier Jahr gedient hat.
Rawlings gehört der NDC an, die bei den Wahlen 1992 und 1996 auch die Mehrheit im Parlament errungen hat. 1992 wurden die Wahlen noch von der Opposition boykottiert, 1996 beteiligte sie sich. Die NDC erreichte trotzdem 57,8 Prozent, die NPP als die zweitgrößte und deshalb im Folgenden als "Oppositionsführerin" bezeichnete Partei 38,7 Prozent.
Bei den Wahlen am 7. Dezember wird es anders aussehen. Laut Mike Ocquaye, Jurist und Politikwissenschaftler an der Universität von Legon in Ghana, haben sowohl NDC als auch NPP Chancen auf die Parlamentsmehrheit wie das Präsidentenamt, wobei dem ghanaischen Präsidenten eine ungleich mächtigere Position als dem österreichischen zukommt.
Allerdings, fügt er hinzu, nehmen auch die anderen Parteien eine nicht unbeträchtliche Rolle ein, vor allem die "populistisch-sozialistische" "Convention Peoples' Party" (CPP), die ihre Ideale Ocquaye zu Folge bereits der ökonomischen Realität entsprechend "modifiziert" habe. Die CPP gilt als Hauptvertreterin für eine der drei politischen Traditionen in Ghana, die "Nkrumahist-Tradition", die auf Kwame Nkrumah zurückgeht, jenen ghanaischen "Staatsheroen", der nicht nur Ghana 1957 in die Unabhängigkeit führte, sondern sich auch um die Emanzipation ganz Afrikas verdient machte.
Die CPP hätte jedoch "nicht genügend Zeit zur Organisation" gehabt, schließt Ocquaye aus, dass sie entweder Parlamentsmehrheit oder Präsidentenamt erlangen könnte.
Andere kleinere Parteien könnten einerseits das Kopf-an-Kopf-Rennen entscheiden, weil, so Gadzekpo, sie den beiden stärksten Parteien Stimmenverluste bescheren könnten und andererseits im Falle einer zweiten Runde in der Präsidentenwahl sich wahrscheinlich auf Seiten der NPP stellen würden, um einen weiteren NDC-Präsidenten zu verhindern.
Obwohl praktisch die NDC allen Oppositionsparteien gegenübersteht, ist sie laut Ocquaye noch keinesfalls abzuschreiben, da sie vor allem im ländlichen Bereich, in dem immerhin "zwei Drittel der Bevölkerung" leben, massive Unterstützung hat. Schließlich setze sie sich für deren "Entwicklung" ein, um den "Stadt-Land-Gegensatz" zu überbrücken. Dies könnte, fügt Ocquaye an, auch ein Grund dafür sein, warum die städtische Bevölkerung eher die NPP präferiere.
Für die so genannte "Rawlings-Tradition", die jüngste der drei Traditionen, die ihre Wurzeln in den revolutionären Umwälzungen Rawlings hat, steht die NDC; auf Grund ihrer langen Machtposition ebenso für "Kontinuität".
Demgegenüber wird die "liberal-demokratische" NPP mit "Wandel" gleichgesetzt. Von ihr erhofft man sich, wie bereits erwähnt, besonders von Seiten "städtischer" und "gebildeter" Menschen, so Ocquaye, frischen Wind. Sie steht für die dritte und älteste Tradition, die "Danquah/Busia-Tradition", die in den Vierziger Jahren von der intellektuellen Elite begründet wurde. Benannt wurde sie nach zwei prominenten Vertretern.
"Ideologisch haben sich die Parteien jedoch einander angenähert. Sie sind nicht zu weit voneinander entfernt", meint Audrey Gadzekpo.
Trotz dem die Wahl die Menschen politisiert hat wie noch nie, die Medien berichten laut Gadzekpo "von nichts anderem mehr", erhoffen sich die GhanaerInnen vor allem eines: friedliche und faire Wahlen am 7. Dezember, sodass "jene Partei, die 2000 verliert, weiß, dass sie fair verloren hat" (Zitat von Ocquaye).
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Karin Hollinger war im Rahmen von Radio Afrika/Grenzenlos vor Kurzem an der Goldküste.