Die drei Parteien nehmen jetzt vertiefende Sondierungsgespräche über die künftige Führung der Landeshauptstadt auf.
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In der steirischen Landeshauptstadt Graz kündigt sich nach dem Erdrutsch-Wahlergebnis bei der Gemeinderatswahl am 26. September mit der KPÖ als stärkster Partei eine Koalition von KPÖ, Grünen und SPÖ an. Am Mittwoch war eine Pressekonferenz mit Vertretern der drei Parteien angesetzt. Dabei kündigte die Grazer KPÖ-Chefin Elke Kahr, die überraschende Wahlsiegerin der Gemeinderatswahl am 26. September, "vertiefende Sondierungsgespräche" an.
Zugleich betonte sie, es handle sich noch um keine Koalitionsverhandlungen. Aber in zehn Tagen könnten diese Gespräche zu Verhandlungen werden. Eines steht für alle drei Parteien fest: KPÖ-Spitzenkandidatin Kahr sowie Judith Schwentner (Grüne) und Michael Ehmann (SPÖ) wollen eine "neue Kultur" im Grazer Rathaus pflegen. Die konstituierende Sitzung des neuen Gemeinderats der steirischen Landeshauptstadt ist für 17. November vorgesehen.
In einer für Mittwochmittag eilig einberufenen Pressekonferenz meinte Kahr, es sei "nicht verwunderlich", dass es mit Grünen und SPÖ die meisten Überschneidungen gebe. "Wir wollen in jedem Fall einen neuen Stil im Rathaus, eine demokratischere Kultur und einen freundlicheren Stil", sagte sie.
Grüne dürften Vizebürgermeisterin stellen
Die Grazer ÖVP ist für die Kommunistin trotz der Turbulenzen in türkis-grünen Bundesregierung noch eine vertrauenswürdige Partei: Die Stadtpolitik habe die Arbeit in ihren Bereichen gut gemacht, so Kahr. Darum will man auch keine Partei im künftigen Stadtsenat beschneiden, das zähle auch zur angestrebten neuen Kultur.
Die Zeichen jetzt aufgrund der Sondierungsgespräche ganz auf Kahr als neue Bürgermeisterin und Schwentner als Vizebürgermeisterin, obwohl die KPÖ-Chefin vor der Wahl stets gemeint hatte, dass der zweitstärksten Partei das Vizebürgermeisteramt zustehe. Das gelte zwar noch immer, sagte sie auf Nachfrage, aber ein entsprechender Wunsch sei beim neuen Grazer ÖVP-Stadtparteichef Kurt Hohensinner in den Gesprächen "nicht erkennbar gewesen".
Kommunistin als Bürgermeisterin statt Nagl
Ein rot-rot-grünes Bündnis galt schon am Wahlabend als wahrscheinliche Variante. KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr hat sich nach anfänglichem Zögern bereit erklärt, das Bürgermeisteramt in der zweitgrößten Stadt Österreichs zu übernehmen. Der sensationelle Wahlerfolg für die Kommunisten mit rund 29 Prozent hat auch international für Aufsehen gesorgt und in der steirischen Landeshauptstadt zu Diskussionen geführt, ob man Kommunisten überhaupt das Bürgermeisteramt überlassen dürfe.
Die KPÖ will jedenfalls einen Schwerpunkt in der Stadtpolitik auf die Unterstützung sozial schwacher Bewohner und bei der schwierigen Suche nach günstigem Wohnraum setzen. Schon bisher hat Kahr mit der Grazer KPÖ Menschen mit Wohnungsproblemen und niedrigem Einkommen mit Rat und teils auch finanziell unterstützt.
Für diesen Kurs gibt es grundsätzlich Schützenhilfe der Grünen, aber auch der SPÖ, die in Graz auf nicht einmal zehn Prozent der Stimmen bei der Wahl am 26. September gekommen ist. Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP), der seit 2003 an der Spitze von Graz steht, hat bereits seinen Rücktritt erklärt. Die ÖVP ist in der Landeshauptstadt mit mehr als zehn Prozentpunkten minus auf Platz zwei abgestürzt.