Die Proteste gegen den Ausgang der Parlamentswahlen im zentralasiatischen Kirgisien (Kirgistan) gingen auch am Mittwoch weiter. Während Präsident Askar Akajew den Gegnern seines Regimes mit Strafen drohte und von transparenten und fairen Wahlen sprach, wurde der korrekte Wahlvorgang vom US-Botschafter bezweifelt. Er forderte beide Seiten zur Mäßigung auf, um gewaltsame Eskalation zu vermeiden.
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Die Einschüchterung der Medien und die Nichtzulassung von Kandidaten der Opposition hätten freie Wahlen unmöglich gemacht, sagte am Mittwoch der US-Botschafter in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek, Stephen Young. Tatsächlich war z.B. der privaten Druckerei, in der die meisten Oppositionszeitungen gedruckt werden, der Strom abgedreht worden, Internet-Auftritte sind kaum mehr zugänglich. Wahlbeobachter sprachen davon, dass das Resultat - die Opposition verfügt nur noch über sechs (früher 20) der 75 frei zu vergebenden Mandate - entscheidend durch solche Maßnahmen und durch Stimmenkauf beeinflusst wurde.
Die Opposition, bisher in 45 Parteien zersplittert und daher eher wirkungslos, reagierte mit wütenden Aktionen. Eine Fernstraße wurde blockiert, ein regionaler Gouverneur im Norden des Landes als Geisel festgehalten. Die Gegner des Präsidenten fürchten, dass sich Akajew, dem mittels einer gleichfalls umstrittenen Volksabstimmung eine dritte Amtszeit ermöglicht wurde, nur auf die im Herbst anstehenden Präsidentenwahlen vorbereitet. Mit der Mehrheit im Parlament könnte er eine Verfassungsänderung durchsetzen, um entweder sich selbst im Amt zu halten oder eines seiner Kinder, die nun schon im Parlament sitzen, dorthin zu bringen. Ensprechend scharf reagierte Akajew im Fernsehen: "Diejenigen, die Ausschreitungen organisieren, werden ein Fall für die Justiz, weil sie Spannungen in einigen Regionen schüren", drohte er.
In der Haupstadt Bischkek blieb es tatsächlich relativ ruhig. Anders etwa in der südlichen Provinzhautpstadt Jalal-abad, woher Oppositionsführer Kurmanbek Basijew stammt, der im Oktober kandidieren will. Dort haben Basijew-Anhänger einen "Rat der Volksverwaltung" der Provinz ausgerufen. Die Anhänger des Ex-Ministerpräsidenten tragen rosafarbene Schaltücher oder Bänder - in offensichtlicher Analogie zu den "bunten" Revolutionen in Georgien und der Ukraine. Beobachter bezweifeln allerdings, dass eine ähnliche Entwicklung angesichts der zersplitterten Opposition in der zentralasiatischen Republik möglich ist.
Schwerer wiegen könnte der Druck der Amerikaner. Sie wollen im diesem Raum, nahe Afghanistan und China keine weiteren Unruheherde. Erst am Mittwoch hatte US-Generalstabschef Richard Myers erklärt, man erwäge den Aufbau von dauerhaften Stützpunkten in der Region. Auf der Liste der Staaten, denen Myers "gute Beziehungen und gute Partnerschaften" mit den USA bescheinigt, scheint neben Afghanistan auch Kirgisien auf.