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Am 31. Jänner konnte man im "Bolletino Vaticano" die Ernennung von Pfarrer Gerhard Maria Wagner zum Weihbischof von Linz lesen. Der Wortlaut war in deutscher Übersetzung: "Der Papst hat zum Weihbischof von Linz ernannt Hochwürden Gerhard M. Wagner, aus dem Klerus ebendieser Diözese, Pfarrer in Windischgarsten, und ihm den Sitz des Titularbischofs von Zuri zugewiesen."
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Was danach geschah, ist bekannt. Am 2. März enthielt das Bulletin eine "Dispens des Heiligen Vaters". Diese lautet zu Deutsch: "Der Heilige Vater hat den hochwürdigen Monsignore Gerhard M. Wagner von der Verpflichtung dispensiert, das Amt des Weihbischofs von Linz anzunehmen."
Was ergibt eine Analyse dieses Wortlauts?
Zunächst: Das ist keine Annahme eines Rücktrittsgesuchs, sondern eine Dispens. Sie bezieht sich nur auf die Pflicht Wagners, Weihbischof der Diözese Linz zu werden. Er ist und bleibt Titularbischof von Zuri. Die Dispens umfasst also ganz und gar nicht die kirchenrechtliche Verpflichtung Wagners, sich spätestens drei Monate nach seiner Ernennung, also bis zum 30. April, zum Bischof konsekrieren zu lassen. Sollte Wagner ein rechtsgültiges Rücktrittsgesuch eingereicht haben, war es für die jetzige Dispens jedenfalls irrelevant.
Ausschlaggebend war vielmehr, dass Diözesanbischof Ludwig Schwarz nach den Turbulenzen der letzten Wochen zwischenzeitlich seine Bitte um einen Weihbischof vorläufig grundsätzlich zurückgezogen hat.
Einen gewöhnlichen Weihbischof kann Rom einem Diözesanbischof laut Kirchenrecht aber nicht unverlangt geben. Wenn der Papst jetzt unbedingt Wagner durchsetzen wollte, müsste er ihn zumindest zu einem mit besonderen Vollmachten ausgestatteten Auxiliarbischof machen oder dessen Ernennung dahingehend modifizieren, ihn zum "Weihbischof-Koadjutor mit besonderen Befugnissen" zu bestimmen.
Trotzdem wäre das untypisch undiplomatisch für vatikanische Gepflogenheiten. Aber durchaus denkbar ist, dass eine Apostolische Visitation der Diözese Linz erfolgt und eine Persönlichkeit von ähnlichem Profil wie Wagner zum beschriebenen Weihbischof-Koadjutor gemacht wird. Einen solchen kann ein Diözesanbischof auch unverlangt erhalten und ihn dann keineswegs ablehnen.
Dass in Linz jetzt nichts geschieht, ist nicht mehr als ein wenig frommer Wunschtraum bestimmter Funktionäre des österreichischen Katholizismus: Bischof Schwarz wurde ad hoc nach Rom beordert. Etwas Vergleichbares ist in Österreich zuletzt 1938 Kardinal Theodor Innitzer widerfahren.
Der Papst hat mit Bischof Wagner keinen Präzedenzfall geschaffen und wird dies auch nicht tun. Sonst würde mindestens im ganzen deutschen Sprachraum zukünftig kein einziger Bischof mehr frei und souverän vom Papst ernannt werden können.
Christoph Matthias Hagen ist Theologe, Jurist und freier Publizist in Innsbruck .