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In Nikosia liegen die Nerven blank

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik

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Nikosia. Mit ernster Miene trat Averof Neofytou ans Rednerpult."Unser zusätzlicher Finanzbedarf in Höhe von 5,5 Milliarden Euro ist bereits im Zypern-Programm kalkuliert, das wir mit unseren EU-Partnern vereinbart haben", stellte der Vizevorsitzende von Zyperns konservativer Regierungspartei DHSY am Freitag in Nikosia in einer eigens anberaumten Pressekonferenz klar.

Er wolle "Unsicherheiten" und "Ängste" in Zyperns Bevölkerung vor neuen Massnahmen zur Rettung des pleitebedrohten Euro-Landes beseitigen, so Neofytou.

Der Neofytou-Auftritt zeigt: Die Nerven in Nikosia liegen blank. Auch Neofytou bestätigte, dass Nikosia eine Eigenbeteiligung in Höhe von insgesamt 13 Milliarden Euro im Gegenzug für einen Zehn-Milliarden-Euro-Hilfskredit seitens der Geldgeber-Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds aufbringen werde. Dies seien 5,5 Milliarden Euro mehr als noch im November geplant. Die Troika müsse jedoch nicht mehr Geld als bereits bekannt nach Nikosia überweisen, stellte Neofytou klar. Am Vortag hatte bereits Zyperns Regierungssprecher Christos Stylianidis einen Bericht der EU und EZB bestätigt, wonach die Inselrepublik insgesamt 23 Milliarden Euro statt 17,5 Milliarden Euro für seine Rettung benötige.

Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis hatte zuvor mit Aussagen gegenüber Journalisten in Nikosia für Verwirrung gesorgt, wonach er ein Schreiben an EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sowie EU-Ratspräsident Herman van Rumpoy senden werde. Darin werde er die "Notwendigkeit zusätzlicher EU-Hilfen" hervorheben. Grund dafür seien "die sich vertiefende Wirtschafts- und Finanzkrise in Zypern" sowie "die dem Land von den EU-Partnern aufgebürdeten Kredit-Auflagen".

Wie Neofytou, ein enger Mitarbeiter von Anastasiadis, nun erklärte, bestehe Zyperns Eigenbeteiligung an der Rettung des Landes aus insgesamt sechs Posten. Erstens würden sich die Anleger und Gläubiger der Laiki Bank und Bank of Cyprus mit "bis zu 10,6 Milliarden Euro" an der Zypern-Sanierung beteiligen. Zudem werde Zypern 600 Millionen Euro an neuen Steuern eintreiben. Dazu würde unter anderem die Unternehmenssteuer um 2,5 auf 12,5 Prozent angehoben. Drittens wolle Zypern, so Neofytou weiter, Goldreserven im Wert von 400 Millionen Euro verkaufen.  Konkret verfüge Zypern über 446.000 Unzen Gold mit einem aktuellen Marktwert von 531 Millionen Euro. Obendrein würde eine Milliarde Euro aus der Umstrukturierung der staatlichen Kreditaufnahme aus landeseigenen Quellen gewonnen. Weitere 1,4 Milliarden Euro seien aus der Privatisierung halbstaatlicher Unternehmen vorgesehen. Schließlich würden die Zinsen eines von Russland im Jahre 2011 gewährten Kredits reduziert. Der dadurch entstehende Zinsgewinn betrage 100 Millionen Euro, so Neofytou.

Zyperns Eigenbeteiligung weise durch dieses Maßnahmenbündel sogar ein Volumen in Höhe von bis zu 14,1 Milliarden Euro auf, betonte Neofytou."Wir haben folglich sogar ein Polster von 1,1 Milliarden Euro bei der Eigenbeteiligung. Die getroffenen Maßnahmen sind hart, aber ausreichend", sagte Neofytou.

Unterdessen lockerte Zyperns Notenbank die seit dem 28. März in der Inselrepublik geltenden Kapitalverkehrskontrollen. Künftig seien Transaktionen bis 300.000 Euro ohne Einschränkungen möglich, so die Notenbank. Bei Barabhebungen an Bankautomaten und Bankschaltern gelte indes weiter eine Obergrenze in Höhe von 300 Euro pro Tag.

Hohe Wellen schlagen derweil neue Enthüllungen in Sachen Kapitalflucht aus Zypern im Vorfeld der denkwürdigen Eurogruppen-Entscheidung vom 16. März zur Verhängung einer Zwangsabgabe für Spareinlagen. Wie Zyperns führender private Fernsehsender Mega Channel unter Vorlage des betreffenden Dokuments zeigte, stünden Ex-Finanzminister Michalis Sarris sowie die Anastasiadis-Tochter Elsa Anastasiadis auf einer von der Notenbank erstellten und unterdessen Zyperns Parlament zugestellten Liste mit insgesamt 6.000 Privatpersonen und Firmen, die Anfang März bis zum 15. März Gelder ins Ausland transferiert hätten. Angaben zur Höhe der Überweisungen machte der Sender indes nicht. Erst kürzlich hatte ein Bericht der Tageszeitung Charavgi für Aufsehen gesorgt, wonach der Anastasiadis-Clan kurz vor dem Zwangsabgabe-Beschluss Geld außer Landes geschafft hatte (die Wiener Zeitung berichtete).