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In Österreich führt kein Weg an Raiffeisen vorbei

Von Clemens Neuhold

Wirtschaft

Was die Dorf-Genossen schafften, reicht heute von Rust bis Russland.


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Wien. Eine klassische Gemeinde in Niederösterreich hat zwei Türme: einen Kirch- und einen Raiffeisen-Turm. Die hohen Silos mit dem Giebelkreuz, in denen nicht Sparerträge, sondern Ernte-Erträge liegen, sind Symbol für die Macht und Größe des Imperiums. Dieses Reich ragte schon immer weit über das reine Bankgeschäft hinaus. Denn Raiffeisen steht nach der Idee des Erfinders Friedrich Wilhelm Raiffeisen für die Zusammenarbeit von Menschen, die gemeinsam von der Schlagkraft, Wirtschaftlichkeit und Effizienz dieser "Genossenschaft" profitieren. Was mit der Bündelung von Geld begann, das 1886 in der ersten Raiffeisenbank als Darlehen an die Genossenschafter vergeben wurde, weitete sich rasch auf Molkereien oder Lagerhäuser mit ihren Silos aus. Heute umfasst Raiffeisen 1600 Genossenschaften, davon 513 Banken, 99 Lagerhäuser, 118 Molkereien und hunderte weitere Genossenschaften.

Der Sprung vom dörflichen zum globalen Player konnte Raiffeisen nur durch gemeinsame Giebelkreuz-Dächer gelingen. Das Dach aller Genossenschaften ist der Raiffeisenverband. Dessen Chef Walter Rothensteiner ist der Ober-Boss von Raiffeisen und wacht über die Marke. Über den Banken thront das Spitzeninstitut Raiffeisen Zentralbank (RZB), die Herren im Haus sind aber die 544 Regionalbanken. Ihnen gehören die acht Landesbanken und den Landesbanken gehört das Spitzeninstitut RZB. Die Lagerhäuser halten sich die Raiffeisen Ware Austria (RWA).

Ab einer gewissen Größe waren die (Raiffeisen-)Kassen so prall gefüllt, dass der Kauf von Firmenbeteiligungen der logische nächste Schritt war. Heute ist Raiffeisen am Baukonzern Strabag, der Uniqa-Versicherung, am Mühlenkonzern Leipnik-Lundenburger ("Finis Feinstes"), an Maresi, den Salinen Österreich ("Bad Ischler Salz"), an Efko Gurken oder an Do & Co beteiligt. Dazu kommen Reisebüros, Hotels, Seilbahngesellschaften, Immobilienfirmen und Medienbeteiligungen wie "Kurier", "Sat.1 Österreich, Mediaprint oder "profil". Das größte (und gewagteste) Abenteuer war die Expansion in 17 osteuropäische Länder mit der Raiffeisen Bank International.

Die "Krake Raiffeisen", wie Kritiker den Konzern wegen seiner Machtfülle gerne bezeichnen, prägt das Land auch politisch.

Raiffeisen und ÖVP sind ähnliche Schicksalsgemeinschaften wie Gewerkschaft und SPÖ. Die Durchlässigkeit zwischen den zwei Sphären manifestiert sich an ÖVP-Parlamentariern, die von Raiffeisen kommen, oder ÖVP-Politikern, die zu Raiffeisen gehen. Prominentestes Beispiel ist Ex-Finanzminister Josef Pröll als Chef von Leipnik-Lundenburger.