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In Österreich zahlen Junge drauf

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
Generationengerechtigkeit: Österreich kann in puncto Pensionssystem von Schweden - auch bei der Umverteilung zwischen den Altersgruppen - einiges lernen.
© © Peter Maszlen - Fotolia

Pensionssystem-Umbau ist auch wegen Generationengerechtigkeit unumgänglich.


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Wien. Ob beim Bildungssystem oder bei der Gleichbehandlung von Männern und Frauen - Schweden gilt in vielen gesellschaftlichen Bereichen als Musterland. So auch beim Pensionssystem, gehen schwedische Arbeitnehmer doch deutlich später in den Ruhestand als ihre österreichischen Kollegen. Was macht Schweden in Sachen Pensionssystem also besser als Österreich? Um diese Frage zu beantworten, verglichen Forscher des Instituts für Wirtschaftsmathematik der Technischen Universität (TU) Wien die Transfersysteme beider Länder. Das Fazit der Studie "Indikatoren für Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit sozialer Transfersysteme": Österreich könnte von Schweden - nicht zuletzt bei der Umverteilung zwischen den Altersgruppen - einiges lernen.

Ungerechte Verteilung

Sowohl die Bildung für die Jugend als auch die Versorgung älterer Menschen kostet Geld. Diese Mittel werden durch die arbeitende Bevölkerung erwirtschaftet, die so Kinder und Alte (mit-)versorgt. Die Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Generationen und die langfristige Finanzierbarkeit dieser Transfers hängen von der demografischen Entwicklung, aber auch von politischen Entscheidungen ab. In Schweden ist jene Erwerbsphase, in der man durch Steuern mehr Geld in die Gesellschaft investiert, als man in Form von Transferleistungen zurückbekommt, deutlich länger als in Österreich.

Der Grund: Während die schwedische Bevölkerung im Durchschnitt erst mit etwa 64 Jahren von der Nettozahler-Gruppe in die Nettoempfänger-Gruppe, sprich Pension, wechselt, tun das in Österreich bereits die 58-Jährigen. "Die Stauchung des Erwerbslebens in Österreich auf wenige Jahre führt zu einer hohen Belastung der Altersgruppen der 25- bis 50-Jährigen, durch deren Beiträge zu öffentlichen Transfers", erklärt Studienautorin Alexia Fürnkranz-Prskawetz. Zum Vergleich: In Schweden werden die höchsten Beiträge zum staatlichen Transfersystem von der Gruppe der 50- bis 60-Jährigen geleistet, deren Kinder meist bereits aus dem Haus sind. Da die schwedische Bevölkerung somit länger zur Finanzierung des Staates beiträgt und weniger lang Pensionen konsumiert, stehen dort mehr Ressourcen für Investitionen und Transfers zur jüngeren Bevölkerung vor allem für Bildung zur Verfügung. In Österreich kommen die höchsten Beiträge hingegen von Familien mit kleinen Kindern.

Junge sind Nettozahler. "In Österreich ist die Altersgruppe der 25- bis 50-Jährigen doppelt belastet", betont Fürnkranz-Prskawetz. "Einerseits leistet sie Transferzahlungen, andererseits muss sie Zeit und Geld in die eigenen Kinder und deren Ausbildung investieren." Die Tatsache, dass in Schweden Fertilität und Erwerbsbeteiligung der Elterngeneration höher sind als in Österreich, weist darüber hinaus darauf hin, dass durch das öffentliche Transfersystem und die Gestaltung des Lebenszyklus Familie und Beruf wesentlich besser zu vereinbaren sind als in Österreich. "Die bessere Unterstützung der Familien durch öffentliche Transfers, vor allem durch Kinderbetreuungseinrichtungen, gemeinsam mit der geringeren Belastung der Elterngeneration durch Beiträge zu diesen Transfers, stellt einen wesentlichen Nachhaltigkeitsfaktor im schwedischen Wohlfahrtssystem dar und begünstigt die höhere Fertilitätsrate", ist Fürnkranz-Prskawetz überzeugt.

Später in Rente

Um die Finanzierung öffentlicher Transfersysteme nachhaltig zu gestalten, ist in Österreich eine Anhebung des Pensionsalters unumgänglich. Allerdings kann eine Steigerung des effektiven Pensionsantrittsalters allein die Probleme nicht lösen, da Österreich gegenüber Schweden den Nachteil einer ungünstigen Altersstruktur aufweist. Hierzulande erreicht die Baby-Boom-Generation zwischen 2020 und 2035 das Pensionsalter, während gleichzeitig die geburtenschwache Jahrgänge ins Erwerbsleben eintreten. Selbst wenn man in Österreich also sofort auf das schwedische System mit deutlich höherem faktischen Pensionsantrittsalter umsteigen könnte, würde aufgrund der ungünstigeren österreichischen Altersstruktur das Verhältnis zwischen Ausgaben und Einnahmen weiter steigen. "Der ökonomische Lebenszyklus in Österreich, mit einer kurzen Phase, in der man in das Gesamtsystem einzahlt, und die österreichische Altersstruktur sind eine sehr ungünstige Kombination", resümiert Fürnkranz-Prskawetz. "Unter Beibehaltung des derzeitigen Systems würden 2035 die Ausgaben allein für die Transferleistungen die gesamten Einnahmen um ein Fünftel übersteigen, und da sind die Zinszahlungen auf Staatsschulden noch nicht einmal eingerechnet."