Streik beendet, Gewerkschaftsspitze will Angebot der Regierung annehmen. | Basis ist über Kompromiss erzürnt. | Wien. In Südafrikas heftigstem Arbeitskampf seit Jahren zeichnet sich eine Einigung zwischen Regierung und den Gewerkschaften der öffentlich Bediensteten ab. Die Führungsspitze der Gewerkschaften soll nach rund drei Wochen Streik laut Medienberichten bereit sein, ein Offert der Regierung zu akzeptieren. Das Kabinett von Präsident Jacob Zuma bot zuletzt eine Lohnerhöhung um 7,5 Prozent und eine Wohnbeihilfe in der Höhe von 800 Rand (82 Euro) an.
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Die Frage ist nun aber, ob die Gewerkschaftsspitze den Deal der Basis verkaufen kann. Denn dort macht sich großer Unmut breit. Gewerkschaftsführer werden als Verräter beschimpft, die bevorstehende Einigung von vielen Mitgliedern als nutzlos bezeichnet. Die Angestellten wollen weiter an der ursprünglichen Forderung festhalten: 8,6 Prozent Gehaltserhöhung, das entspricht dem Doppelten der Inflationsrate, und eine Wohnbeihilfe von 1000 Rand (105 Euro).
Zumindest sind Schulen und Ämter wieder geöffnet und die meisten öffentlichen Bediensteten zur Arbeit zurückgekehrt. Zuvor war das Land von einem Massenstreik mit hunderttausenden Beteiligten betroffen. "Die Spitäler waren unterbesetzt, die Leichenschauhäuser sind übergegangen, oder es gab keine Zertifikate bei Ableben oder Geburt", berichtete der österreichische Handelsdelegierte für Südafrika, Stefan Pistauer, in Wien vor Journalisten.
WM-Euphorie heizte Forderungen an
Laut Pistauer ist der Streik auch im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft, die dieses Jahr stattfand, zu sehen. Südafrika hat das riesige Turnier organisatorisch hervorragend gemeistert, Millionen in die Infrastruktur und neue Stadien investiert und sich als aufstrebende Nation präsentiert. Die Euphorie rund um die Weltmeisterschaft habe dazu beigetragen, dass die Gewerkschaften ihre Forderungen derart hoch ansetzten.
Zudem hatte sich die Regierung selbst unter Druck gesetzt. "Vor der WM hat die Regierung einzelnen Berufsgruppen bereits Zugeständnisse gemacht, damit das Turnier reibungslos über die Bühne gehen kann", sagt Pistauer. So haben etwa die Angestellten des staatlichen Energiekonzerns Eskom nach einer Streikdrohung eine Gehaltserhöhung von neun Prozent herausgeschlagen.
Nun sehen Krankenschwestern oder Polizisten nicht ein, warum sie eine geringere Lohnerhöhung erhalten sollen. Zudem haben sie während der Streiktage kein Geld bekommen, weshalb sie der Arbeitskampf schon einiges gekostet hat.
Der einflussreiche Generalsekretär des größten gewerkschaftlichen Dachverbandes Cosatu, Zwelinzima Vavi, könnte daher bei der derzeit angepeilten Einigung viel Sympathien verlieren und der große politische Verlierer sein. Und auch ob Zuma von der Einigung profitiert, ist mehr als fraglich. Denn an der Gewerkschaftsbasis hat der Präsident viele Anhänger, die sich nun vor den Kopf gestoßen fühlen.