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In Südossetien tobt ein Machtkampf

Von WZ-Korrespondent Christian Weisflog

Politik

Moskau stützt Präsident Kokojty. | Moskau. Während der russische Truppenabzug aus Zentralgeorgien und Südossetien immer noch auf sich warten lässt, hat innerhalb der georgischen und der südossetischen Elite bereits ein Machtkampf begonnen. Anfang Woche hatte der selbsternannte südossetische Präsident Eduard Kokojty seine gesamte Regierung entlassen und Moskau gebeten, in seiner abtrünnigen georgischen Provinz eine russische Militärbasis zu errichten.


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Ein Zeichen der Schwäche, wie Beobachter meinen. Denn während der georgischen Offensive auf die Hauptstadt Zchinwali hatte sich der Präsident und seine engste Entourage in das 20 Kilometer nördlich gelegene Dschawa zurückgezogen. Andere Minister und Politiker sind jedoch in Zchinwali geblieben und haben den Widerstand organisiert. Ihre Popularität hat in Südossetien deshalb zugenommen, jene des Präsidenten ist stark gesunken. "Deshalb hat er die Regierung entlassen", erklärte der Anführer der Bewegung "Bürgerinitiative" Oleg Tesijew gegenüber der russischen Zeitung "Kommersant.

In dieser schwierigen Lage braucht Kokojty die Unterstützung Moskaus. Sein Vorschlag einer russischen Militärbasis in Südossetien scheint daher wohl berechnet. Die russische Armee hat bereits signalisiert, dass sie zu dem Schritt bereit sei, "falls ein entsprechender Befehl von oben kommt". Die russische Regierung ihrerseits zeigt sich zurzeit großzügig gegenüber der abtrünnigen georgischen Provinz. Für den Wiederaufbau von Zchinwali will sie rund 200 Millionen Euro beitragen.

In Tiflis machen derweil die Gegner von Präsident Michail Saakaschwili mobil. "Saakaschwili hat einen Krieg begonnen, den wir nicht gewinnen konnten", betonte der Oppositionsführer Kacha Kukawa in einem Interview der "Financial Times". Die Regierung werde "unangenehme Fragen" darüber beantworten müssen, wie und warum es zum Krieg kam, sagte die ehemalige Parlamentsvorsitzende Nino Burdschanadse. Die 44-jährige Völkerrechtsprofessorin gilt als aussichtsreiche Kandidatin auf Saakaschwilis Nachfolge. Gemeinsam mit dem aktuellen Präsidenten führte sie 2003 die Rosenrevolution an, zog sich vor den Parlamentswahlen in diesem Frühjahr jedoch überraschend aus der Politik zurück.

Bis zum tatsächlichen Abzug der russischen Soldaten will die Opposition dem georgischen Präsidenten noch eine Schonfrist gewähren. Wie lang diese sein wird, ist jedoch immer noch unklar. "Wir sehen keine Anzeichen, dass dies nun passiert", erklärte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. US-Aussenministerin Condoleezza Rice kritisierte den russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew, der den Abzug für Montag versprochen hatte. Sie frage sich, warum er "sein Wort entweder nicht halten kann oder will", meinte Rice.