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In Taschen darf nicht jeder schauen

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Austausch von Nettigkeiten an der Kassa: Nicht immer ist die Beziehung zum Kunden so harmonisch. Foto: corbis

Immer wieder Ärger über die Taschenkontrollen in Geschäften. | Nur Polizei darf reinschauen. | VKI-Expertin: "Es kommt auf den Ton an." | Wien. Fast jeder, der regelmäßig einkaufen geht, hat folgende Szene schon einmal erlebt: An der Kassa eines Geschäftes ersucht die Kassierin, einen Blick in die Tasche oder den Rucksack werfen zu können. Oft hängt im Kassenbereich auch ein Schild mit der Aufforderung, dem Verkaufspersonal freiwillig Einblick in die Einkaufstasche zu gewähren - "um Missverständnissen vorzubeugen".


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Stellt die Taschenkontrolle für den einen Kunden überhaupt kein Problem dar ("Die Kassiererin befolgt ja schließlich auch nur die Anweisungen ihrer Vorgesetzten, und außerdem habe ich nichts zu verbergen"), wird sie für den anderen als massiver Eingriff in die Privatsphäre und zugleich Provokation interpretiert: "Halten Sie mich etwa für einen Dieb?"

Das Recht steht auf der Seite der Konsumenten. Zu Taschenkontrollen ist allein die Polizei berechtigt. Das heißt, weder das Verkaufspersonal noch hauseigene Security-Mitarbeiter dürfen gegen den Willen eines Kunden Taschenkontrollen geschweige denn Leibesvisitationen durchführen.

Hat das Personal oder der Ladendetektiv jedoch den begründeten Verdacht, der Kunde habe etwas zu bezahlen "vergessen", dann darf der Verdächtige angehalten werden, bis die Polizei eintrifft. Wobei allerdings keine Gewalt angewendet werden darf.

Das Durchsuchen der Taschen durch Verkaufs- oder Sicherheitspersonal ist also rechtlich nicht zulässig. Ob es jedoch klug ist, darüber im Geschäft einen Streit anzuzetteln, bleibt abzuwägen. Renate Wagner, Leiterin des Beratungszentrums des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), sieht das so: "Es kommt auf den Ton an." Gegen eine freundlich und höflich vorgebrachte Bitte der Kassiererin, kurz einen Blick in die Tasche machen zu dürfen, sei nichts einzuwenden.

Der Kunde oder die Kundin müsse der Bitte auch nicht nachkommen, versichert Nicole Berkmann, Sprecherin der Supermarktkette Spar Österreich. Warum also das Ganze? Berkmann: "Taschenkontrollen sind eine hilfreiche Maßnahme zur Abschreckung von Ladendieben." Bei Spar würden Kontrollen außerdem nur schwerpunktmäßig in Filialen durchgeführt, in denen Diebstähle gehäuft vorkommen. Man ist sich durchaus bewusst, dass die Kundschaft damit keine große Freude hat. "Unser Personal tut es auch nicht gerne", sagt Berkmann.

Billa: "Kunden haben meist Verständnis"

Auch Billa macht stichprobenartig Taschenkontrollen im Rahmen der Unternehmensleitlinien zur Diebstahlsprävention. Pressesprecherin Corinna Tinkler: "Dabei gehen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter natürlich diskret und rücksichtsvoll vor und fragen den Kunden, ob ein Blick in die mitgebrachte Einkaufstasche gestattet ist, was in der Regel auch auf Verständnis bei den Kunden stößt."

Am besten wäre es also, möglichst wenig Aufhebens um die Sache zu machen - was schwer fällt, wenn der Ton einmal nicht passt und der Kunde sich vom Verkaufspersonal bloßgestellt und als Dieb verdächtigt fühlt. So mancher lässt sich dann auf eine Auseinandersetzung ein und fordert lautstark die Hinzuziehung der Polizei. Vor der Kassa bildet sich eine Schlange, und der Mini-Skandal ist perfekt. "Ich weiß nicht, ob das so klug ist", gibt Konsumentenschützerin Wagner zu bedenken. Man könne sich schließlich auch nachher bei der Geschäftsleitung beschweren und so seinen Ärger über die unfreundliche Behandlung loswerden.

Zulässig ist, wenn ein Geschäft seiner Kundschaft vorschreibt, den Verkaufsraum nur ohne Taschen oder Rucksäcke zu betreten und dafür im Vorraum Schließfächer bereitstellt. Wer sich nicht an diese Spielregel hält, muss eine Taschenkontrolle in Kauf nehmen. Auch mit mitgebrachten Waren kann es zu peinlichen Situationen kommen. Hier muss allerdings das Unternehmen den Diebstahl nachweisen.