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In Trumps Geschäften steckt viel russisches Geld

Von Reinhard Göweil

Politik

Die Befürchtung einer finanziellen Abhängigkeit des US-Präsidenten von Russland wird drängender. Die Verflechtungen reichen bis Wien.


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Wien/Washington. In Österreich fürchten sich so an die 60 Prozent vor US-Präsident Donald Trump. Die Umfrage spiegelt den gesunden Menschenverstand, wie das Frageinstitut Unique feststellte. Und der manifestiert sich in Wien handfest, politisch und wirtschaftlich. Trump gilt zwar als erfolgreicher Immobilienunternehmer, im Umfeld seiner Firmen hat er allerdings vor seiner Präsidentschaft insgesamt sechs Insolvenzen hingelegt.

Eine davon kostete auch eine österreichische Bank, nämlich die RZB (Raiffeisen Zentralbank), eine Menge Geld. Und genau dieses Geschäft befördert jene alternativlosen Fakten, wonach Trump seit vielen Jahren enge Kontakte zu Russland hat - und seine Firmen jahrelang mit russischem Geld finanziert wurden.

Ist Trump also erpressbar? Diese Frage stellen sich in den USA Bürger, Abgeordnete von Demokraten und Republikanern sowie die Nachrichtendienste, aktuell wegen der politischen Umtriebe seines persönlichen Anwalts, Michael Cohen. Doch davon später.

Raiffeisens Russland-Geschäft in Kanada

Gehen wir zuerst einmal zurück ins Jahr 2007, nach Toronto, Kanada: Dort ging es damals um die Errichtung des Trump-Towers. Das 65-stöckige Bauwerk im Zentrum der Metropole beherbergt einen Mix aus Hotel und Luxus-Wohngebäude. Kostenpunkt: 310 Millionen US-Dollar. Finanziert von der Raiffeisen Zentralbank.

Am 23. März 2007 erklärte der damalige RZB-Firmenkundenchef und jetzige Generaldirektor, Karl Sevelda, in einer offiziellen Aussendung: "Wir freuen uns, dieses historische und dynamische Projekt zu finanzieren, und sind sehr zufrieden, damit unsere langjährigen Beziehungen mit Herrn Shnaider und der Midland Group fortzusetzen."

Den in Leningrad geborenen kanadischen Milliardär Alexander Shnaider und die Midland Group kannte die RZB damals aus der Ukraine und Russland; Kanada kaum; Trump gar nicht. Für Raiffeisen war dies ein Russland-Geschäft in Kanada, kein Trump-Geschäft, ist inoffiziell zu hören.

Trump investierte nichts, versprach aber, das immense Gebäude zu betreiben, quasi eine Art Luxus-Hausmeister. Für den Namen Trump am Gebäude kassierte er gut 600.000 Dollar pro Jahr. Am 23. März 2007, also zehn Jahre vor seiner Präsidentschaft, erklärte er: "My partners and I are very pleased to have our financing arrangements completed and we look forward to developing one of the most luxurious Trump buildings we have ever built. I look forward to starting construction on this great project very soon."

Clever herumgeschwurbelt. Den 315-Millionen-Dollar-Kredit musste die RZB abschreiben, denn das Projekt Trump International Hotel & Tower Toronto erfüllte die Erwartungen nie. Shnaider erklärte noch 2007, dass bereits vor Baubeginn eine Fläche im Wert von 250 Millionen Dollar verkauft sei, dies erwies sich jedoch als nicht nachhaltig. Die Klagen der damaligen Käufer sind heute noch bei kanadischen Gerichten anhängig, auch gegen die Trump-Organisation.

Dass Raiffeisen Österreich dieser mit Kreditabschreibungen unabsichtlich half, ist evident. Im Vorjahr verkaufte Raiffeisen den Kredit mit gehörigem Abschlag an J.C. Flowers, die aktuell den schwach ausgelasteten Hotel- und Luxuswohnungsturm in Toronto günstig kaufen möchte.

Trumps Verbindungen zu Putin-affinen Oligarchen

Der Trump-Tower in Toronto als russisches "RZB-Grab".
© imago/ZUMA Press

Interessant ist jedoch, dass für die RZB dieses klassische Trump-Projekt als Russland-Geschäft behandelt wurde. Denn die Investoren Shnaider und Eduard Shifrin sind auch Eigentümer der Midland Group, die mit Trump baute. Beide haben ihr Vermögen in Russland und der Ukraine gemacht, beide haben Kontakte in den Kreml. Dem gebürtigen Ukrainer Shifrin, der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin im Oktober 2016 die russische Staatsbürgerschaft erhielt, gehört gemeinsam mit Shnaider unter anderem das ostukrainische Metallkombinat Saporoshstal.

Trump kennt die beiden Putin-affinen Oligarchen Shifrin und Shnaider persönlich, wie Fotos beweisen. Während viele rätseln, ob der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika von Putin erpressbar sei (in US-Zeitungen tauchten Gerüchte auf, wonach es kompromittierende Videos von einem Moskauer Besuch Trumps 2013 anlässlich der ihm gehörenden "Miss Universe"-Wahl gebe), liegen die Verbindungen eher in den USA. In den 2000er Jahren wollten dort die zu immensem Reichtum gekommenen Oligarchen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion Milliarden veranlagen.

In diese Zeit fielen auch die Russland-Kontakte von Trumps ehemaligem Wahlkampfchef Paul Manafort. Dieser musste im August 2016 zurücktreten, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er 12,7 Millionen Dollar von der Partei des nach Russland geflüchteten ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch erhalten hatte. Auch Manafort kennt Shifrin und Shnaider.

In diesen Jahren hatte Trump mehrmals mit Insolvenzen seiner damaligen Casino-Aktivitäten in Atlantic City zu kämpfen. Rund um die Trump Taj Mahal Casinos tauchte eine gewisse Bayrock Group auf. Die Investmentgesellschaft wurde vom kasachischen Geschäftsmann und früheren Sowjetfunktionär Tefvik Arif gegründet, der ebenfalls gute Kontakte in den Kreml unterhält.

Zu den Bayrock-Managern zählte auch Felix Sater, ein in Russland geborener Geschäftsmann. Sater ist derzeit in Washington aller Munde, weil er gemeinsam mit Trumps persönlichem Anwalt, Michael Cohen, und russischen Offiziellen einen "Friedensplan" für die Ukraine verhandelte. Der sogenannte Logan Act verbietet jedoch Privatpersonen diplomatische Tätigkeiten für die USA und stellt sie sogar unter Strafe.

Russland-Spur führt auchüber Dmytro Firtasch

Sater hatte in den 2000er Jahren engen Kontakt zu Trump. Mit Bayrock sollte ein Hotel in Moskau gebaut werden, das nie zustande kam. Dafür gab es in New York ein gemeinsames Immobilienprojekt in SoHo. Bayrock war Gegenstand von Ermittlungen, weil es den isländischen FL-Fonds als strategischen Partner hatte. Dieser Fonds wurde von russischen Firmen dotiert, Geldwäsche-Untersuchungen verliefen im Sand. Ein ebenfalls bedeutender Investor bei Bayrock soll die Eurasian Resources Group des kasachischen Milliardärs Alexander Maschkewitsch gewesen sein. Die Gruppe ist im Rohstoffbereich tätig. Mit der Kreml-nahen VTB Bank wurde kürzlich eine Kreditumschuldung vereinbart. Bayrock selbst ist seit 2014 inaktiv.

Ein anderer Ex-Berater Trumps mit engen Kontakten nach Moskau ist Carter Page. Er geriet ins Visier des FBI, weil kurz nach einer Moskau-Reise eine Verbindung zwischen Trumps damaligem Wahlkampfteam in New York und einem russischen Server festgestellt wurde. Der Server gehörte der Alfa Bank, einer großen privaten russischen Bank. Diese kontrolliert der russische Oligarch Michail Fridman, der sehr gute Kontakte zu Putin hat. Das FBI ermittelt deswegen aktuell gegen Mitarbeiter von Trumps Wahlkampfteam.

Trump selbst verteidigte sich stets, dass er keine Geschäftsinteressen in Russland habe. Allerdings gibt es offenkundig erhebliches russisches Interesse an seinen Firmenkonstruktionen in den USA. Da der US-Präsident sich weigert, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen (im Gegensatz zu seinen Vorgängern), ist bis dato kaum nachzuvollziehen, wie er trotz mehrfacher Pleiten, zuletzt im Jahr 2009, zu seinem Milliardenvermögen gekommen ist.

Die gängigste Erklärung lautet, dass Trump seine Schulden erfolgreich an die öffentliche Hand (mittels Steuergutschriften), Mitarbeiter und Gläubiger abgewälzt habe. Beim Trump-Tower in Toronto traf das Gläubigerschicksal auch die RZB mit immerhin 300 Millionen Dollar. Offiziell wollte die Bank zu dem Fall nicht Stellung nehmen.

Eine andere Spur der Russland-Verbindungen Trumps über Wien führt zum ebenfalls Russland-freundlichen Oligarchen Dmytro (Dmitri) Firtasch. Dieser soll nun an die USA ausgeliefert werden, er darf Österreich seit 2014 nicht mehr verlassen. Firtasch soll ebenfalls Kontakte zu Manafort und Page haben. Über seine Auslieferung muss nun der Justizminister entscheiden, für die österreichische Regierung ist es eine heikle Angelegenheit. Denn nicht alle in Trumps Kabinett wollen Firtasch vor einem US-Gericht sehen, vermuten US-Zeitungen. Ob das noch Justizminister Jeff Sessions entscheiden wird, ist offen.