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In wenigen Tagen zurück

Von Jan Michael Marchart

Politik
Das Bundesheer sicherte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Hilfe in der Asylsituation zu. Sie selbst schließt eine "Bitte" nicht aus.

Laut UNHCR-Europa-Direktor würden Wirtschaftsflüchtlinge das "System blockieren". Österreich verweist auf den Kosovo.


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Wien. Der Europa-Direktor des Flüchtlingshochkommissariats UNHCR, Vincent Cochetel, fordert eine "konsequente" Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen. Sie würden das "System blockieren", sagt er. Das Innenministerium verweist auf das Beispiel Kosovo. Dafür hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ein Schnellverfahren eingerichtet. In etwa zehn Tagen liege für Personen aus dem Kosovo ein Asylbescheid vor, so das Ministerium.

Anfang Dezember des Vorjahres verließen noch etwa 50.000 bis 60.000 Bürger aus dem Kosovo das Land aufgrund der prekären wirtschaftlichen und sozialen Situation in Richtung Europa. Vor allem nach Deutschland und Österreich. Hierzulande beantragten im Jänner allein 1065 Kosovaren Asyl. Kein Einziger davon hat in Österreich seit Dezember 2014 Asyl erhalten. Das bestätigt das Innenministerium der "Wiener Zeitung".

Kosovo-Anträge rückläufig

"Es sind zwar noch Personen im Land, aber nur, da ihre Asylverfahren geprüft werden", sagt der Sprecher des Ministeriums, Karl-Heinz Grundböck. Die Rückführung würde zudem nicht gleich mit Ende des Verfahrens durchgeführt, sondern zeitversetzt. Die Kosovaren gehören zu jenem Fünftel, das im ersten Halbjahr 2015 kein Asyl oder subsidiären Schutz in Österreich bekommen hat. Generell bekommen Menschen aus dem Westbalkan, etwa aus Serbien oder Montenegro, nur sehr schwer Asyl. Wie der Kosovo zählen auch sie zu den sicheren Herkunftsstaaten, für die das Schnellverfahren gilt. Bei Negativbescheiden in diesen Fällen kann die aufschiebende Wirkung aberkannt werden. Eine Abschiebung ist möglich, wenn das Bundesverwaltungsgericht einem Einspruch nicht stattgibt.

Seit die Innenministerin Mitte Februar in der früheren serbischen Provinz war, sind die Zahlen stark rückläufig (siehe Grafik). Damals stellte sie im Kosovo klar, dass es für Kosovaren nahezu unmöglich sei, in Österreich Asyl zu bekommen. Im Juni gab es nur noch 35 Asylanträge aus dem Kosovo.

Am Donnerstagvormittag startete die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) ihre angekündigte Prüfung des Erstaufnahmezentrums in Traiskirchen. Drei Experten und ein Dolmetscher prüften die humanitären, gesundheitlichen und hygienischen Zustände vor Ort. In etwa sieben bis zehn Tagen soll eine Analyse mit Empfehlungen folgen. Sechs Stunden sollte die Prüfung dauern. Informationen über den Zustand gaben die Experten aber noch nicht ab. Für Montag ist ein Gespräch zwischen AI und leitenden Beamten des Innenministeriums geplant.

Bereits am Mittwoch hat die Volksanwaltschaft ihre Eindrücke von ihrer Inspektion des Erstaufnahmezentrums Mitte Juli vor Journalisten präsentiert. Die Situation in Traiskirchen sei "unerträglich". Neben Problemen bei der ärztlichen Versorgung in dem Quartier fand das achtköpfige Team der Volksanwaltschaft hygienische Mängel bei den sanitären Anlagen vor. Diese führten auch zu dem vom Land Niederösterreich in Auftrag gegebenen Aufnahmestopp des Asyl-Lagers. Dieser gilt seit Mittwoch. Einige Flüchtlinge wurden seither in Bussen in andere Quartiere gebracht. Aber die Belegung des Lagers blieb seit dem Stopp nahezu unverändert. Laut Innenministerium befinden sich dort nach wie vor um die 4000 Menschen. Davon schlafen 1500 im Freien.

Kaisers Angebot

250 feste Quartierplätze wiederum bot Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) dem Innenministerium an, um das geplante Zeltlager für 400 Flüchtlinge in St. Georgen am Längsee zu verhindern. Dieses sollte Mittwoch bezugsfertig sein. Die Aufbauarbeiten verzögerten sich aber aufgrund von wasser- und naturschutzrechtlichen Problemen.

Das Innenministerium nahm das Angebot Kaisers an. Nun werden im Kärntner Althofen 35 Zelte mit je acht Plätzen errichtet, hieß es aus dem Ministerium. Eine weitere Bedingung des Bundes: Das Land müsse auch sein Angebot erfüllen, weitere Flüchtlinge in festen Unterkünften zu beherbergen. Das Innenministerium hat von sich aus derzeit nur die Möglichkeit, Zelte in den Ländern zu errichten. Kaisers Angebot: Für September könne Kärnten für 150 weitere Personen feste Unterkünfte auftreiben. Hinzu kommen 85 Plätze für unbegleitete Minderjährige. Für den Oktober habe das Flüchtlingsreferat 80 Plätze für Asylwerber und 30 für Minderjährige in Aussicht. Zur Unterstützung der Länder bei der Quartiersuche hat das Innenressort auch einen zentralen Koordinierungsstab eingerichtet. 36 Asylwerber kamen am Donnerstag noch im Klagenfurter Polizeigefängnis unter.

Das Rote Kreuz Niederösterreich wird zudem in den kommenden Tagen an den eigenen Dienststellen weitere 300 Schlafplätze als behelfsmäßige Unterkünfte für Flüchtlinge offerieren.

Bekannt wurde am Donnerstag weiters, dass das Bundesheer grundsätzlich für einen Assistenzeinsatz zur Bewältigung der Asylsituation in Österreich zur Verfügung steht. "Wenn es eine konkrete Anforderung gibt, werden wir das rasch prüfen", sagte ein Sprecher von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) am Donnerstag. Innenministerin Mikl-Leitner hatte eine entsprechende einmalige Anfrage nicht ausgeschlossen.

"Das Bundesheer steht zur Verfügung, wenn die Polizei nicht ausreichend Kapazitäten hat", hießt es seitens des Verteidigungsministeriums. Allerdings müsse man sich zuvor genau anschauen, welche Aufgaben genau zu bewältigen wären. Zudem müsse man die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür prüfen. Eine konkrete Anfrage des Innenministeriums gäbe es noch nicht.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hatte schon länger einen Assistenzeinsatz des Heeres zur "Unterstützung der Aufgaben der Polizei" gefordert und er wiederholte dies am Donnerstag in der ZIB2. Zudem hält er "Asyl auf Zeit" für diskussionswürdig. Mikl-Leitner schließt nicht aus, dass man das Heer bitten müsse, bei der Verpflegung oder beim Transport zu unterstützen.