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In Wien wird German Pellets so manchem zu heiß

Von Jan Michael Marchart und Werner Reisinger

Wirtschaft

Millionen von Anlegergeldern dürfte German Pellets über Wiener Stiftungen in die USA gebracht haben.


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Wien/Wismar. Die Pleite des deutschen Öko-Konzerns German Pellets, bei der 17.000 Kleinanleger um mindestens 270 Millionen Euro zittern, hat einen interessanten Nebenschauplatz: Wien. Dort wurde nach Recherchen der "Wiener Zeitung" und der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" offenbar über die Pele Privatstiftung Geld von Kapitalgebern in die USA transferiert, um zwei Werke in Louisiana und Texas zu finanzieren. Mit Geld, das eigentlich für den Mutterkonzern German Pellets gedacht war. Nun ist die Holzstäbchenfirma pleite und das Anlegergeld wohl perdu. Die Staatsanwaltschaft Rostock ermittelt.

Jetzt aber wird den Vertretern der Wiener Stiftungen die Sache offenbar zu heiß. Sie wollen schnellstmöglich ihre Namen aus den Medienberichten zur Causa German Pellets verschwinden lassen, wie zumindest einer der Beteiligten offen zugibt.

Durch Recherchen der deutschen Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" wird der Schauplatz Wien und die Stiftungs-Connection noch interessanter. Der Firmengründer und gebürtige Deutsche Peter Leibold soll kurz vor der Zahlungsunfähigkeit seines Unternehmens German Pellets (10. Februar) ein belgisches Kraftwerk gekauft und die Eigentumsrechte an die Wiener Gesellschaft Bclever weitergereicht haben. Im Firmengeflecht von Bclever tauchen erneut zwei Privatstiftungen auf (die "Wiener Zeitung" berichtete). Größtenteils sind hier auch die selben Personen wie schon in jenem Firmengeflecht um die Pele Privatstiftung, die direkt zum Geflecht von German Pellets gehört, am Werk: Der Steuerberater Wolfgang Zronek sowie Daniela Glückselig, immer öfter taucht auch der Wirtschaftstreuhänder Stefan Malaschofsky in der Pellets-Causa auf (siehe Grafik). Diese Drei sind die Vorstände der Efkrin Privatstiftung, die seit 2. Februar hundertprozentige Gesellschafterin von Bclever ist. Zum Zeitpunkt des Kraftwerkkaufs in Belgien war Bclever allerdings noch in der Hand der ABG Treuhand- und Beratungs GmbH, für die Malaschofsky nach eigenen Angaben noch als Geschäftsführer tätig ist. Außerdem leitet Malaschofsky, der über gute Kontakte nach Russland verfügt, das Unternehmen Bclever.

Rücktritte in den nächsten zwei Wochen

Dienstag, 15 Uhr: Stefan Malaschofsky meldet sich nach mehreren Anrufversuchen bei der "Wiener Zeitung". Er antwortet gelassen, ohne große Pausen. Dass bei den Recherchen immer wieder die Namen Zronek, Glückselig und Malaschofsky auftauchen, habe einen einfachen Grund: "Wolfgang Zronek und ich sind seit 30 Jahren in beruflicher Zusammenarbeit, und Daniela Glückselig ist eine Mitarbeiterin von mir", sagt er lapidar.

Wie es zum Kontakt mit German-Pellets-Firmengründer Peter Leibold kam, beantwortet Malaschofsky nicht. "Das müssen Sie Wolfgang Zronek fragen." Stefan Malaschofsky legt im Laufe des Gesprächs noch eine weitere, nicht unwesentliche Veränderung im verzahnten Firmengeflecht von German Pellets und Bclever offen. Er habe - nach eigenen Worten - die Geschäftsführung von Bclever aufgegeben.

"Auch bei der Efkrin Privatstiftung werden Sie bald den Rücktritt des Vorstandes sehen", erzählt er. Innerhalb der letzten zwei Wochen soll es zu diesem Entschluss im Vorstand der Stiftung gekommen sein. Genau kann sich Malaschofsky aber nicht mehr erinnern. "Soweit ich weiß, sind auch alle Vorstände der Pele Privatstiftung komplett zurückgetreten", fügt Malaschofsky an. Warum treten die Verbindungsleute von Leibold in Wien nun plötzlich zurück? "Weil ich meinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte", sagt er. Dasselbe würde auf seinen langjährigen Kollegen Zronek zutreffen. Leibolds Wiener Netzwerk wird die Sache offenbar zu heiß.

Auch Wolfgang Zronek will nun mit der "Wiener Zeitung" sprechen. Am Telefon bestätigt er die Ausführungen seines langjährigen Geschäftspartners Malaschofsky: "Ich habe alle Mandate, die in Zusammenhang mit Peter Leibold stehen, zurückgelegt." Auch in der Efkrin Privatstiftung habe er seinen Rücktritt erklärt, "dort werden nun neue Leute kommen". Als Gründe führt Zronek ins Treffen, dass er über 40 Stiftungen zu verwalten habe, wenn dann "Sanierungsprobleme" oder "weitere Erfordernisse" zu bewältigen wären, ginge sich das vom Arbeitsaufwand einfach nicht mehr aus. Wer jetzt in der Efkrin-Stiftung und bei Bclever übernehmen würde, wüsste er selber nur allzu gerne, sagt Zronek.

Wieso aber wurde das von German Pellets gekaufte belgische Kraftwerk überhaupt nach Wien weitergereicht? Zronek betont mehrmals, dass es sich hier um keinen Fall von Wirtschaftskriminalität handle. Es sei ihm auch nicht bekannt, dass die Insolvenzverwalterin von German Pellets, Bettina Schmudde, sich für Leibolds kurz vor der Insolvenzanmeldung getätigten Deal interessiere. Überhaupt sei all das "keine Story". Das Kraftwerk wäre in der Struktur Bclever-Efkrin nur "für einige Wochen geparkt, weil es unter dem Dach von German Pellets nicht finanzierbar gewesen wäre". So könne man das Werk in Betrieb halten, und Leibold könne sein Investitionsprogramm realisieren. Die "Mantelgesellschaften" Efkrin Privatstiftung und Bclever seien "Stillhaltegesellschaften", diese würden sowieso "in einigen Wochen" völlig verschwinden, dann würden möglicherweise Investoren auf den Plan treten. Weder German Pellets noch dessen Gläubiger hätten durch den Deal irgendeinen Schaden genommen, ist sich Wolfgang Zronek sicher.

Wie dem auch sei - aktuell ist das 560-Megawatt-Kraftwerk in Belgien in Besitz von Bclever und damit der Efkrin Privatstiftung. Wer als Begünstigter der Privatstiftung eingetragen ist, kann Wolfgang Zronek rasch beantworten: "Niemand." Peter Leibold sei sicher nicht der Begünstigte, "und er wird es auch in Zukunft nicht sein". Eine Privatstiftung brauche auch keinen Begünstigten. Stiftungsrechtsexperten jedoch widersprechen dem: "Ohne Begünstigten keine Privatstiftung."

Noch keine Anträge eingegangen

Stefan Malaschofsky sagt gegenüber der "Wiener Zeitung", dass bei der Übernahme des belgischen Kraftwerks durch Bclever jedenfalls kein Geld an German Pellets geflossen sei. Wie viel das Kraftwerk German Pellets gekostet hat, bleibt weiterhin unklar. Das belgische Kraftwerk ist seit der Übernahme durch Bclever nicht mehr im Besitz des Mutterkonzerns und auch für die Insolvenzverwaltung nicht mehr greifbar, kann also nicht mehr an andere Produzenten veräußert werden. Auf detaillierte Fragen zum Kauf des Kraftwerks will Malaschofsky nach mehrmaligen Versuchen keine Auskunft geben.

Es sei jedenfalls sein langjähriger Kollege Zronek gewesen, der an ihn herangetreten sei, die Firma Bclever an die Efkrin Privatstiftung abzutreten. Er, Malaschofsky, habe "keinen Verwendungszweck für den Firmenmantel gefunden" und hätte sie auch nicht mehr benötigt. Eine GmbH sei außerdem mit jährlichen Kosten verbunden, die habe er sich ersparen wollen. Das alles sagt Stefan Malaschofsky über eine Firma, die zum Zeitpunkt der Weitergabe im Besitz eines 560-Megawatt-Kraftwerks war.

Mit Peter Leibold habe er, so beteuert Malaschofsky, zu keinem Zeitpunkt Kontakt gehabt. Auch die bevorstehende Insolvenz von German Pellets sei ihm nicht bekannt gewesen.

Ein Anruf beim Handelsgericht in Wien. Dort sind noch keine Abänderungsanträge für Bclever und die Stiftungen eingegangen. Der zuständige Notar der Pele Privatstiftung hat ebenfalls noch keinen Auftrag der Vorstände erhalten. Malaschofsky bleibt bei seiner Aussage. Nun würden neue Vorstände bestimmt werden, die Stiftungen würden weiter bestehen. Die Bestellung neuer Vorstände liege nicht in seiner Hand. "Darüber weiß ich nichts", sagt der Steuerberater.

"Die Frage ist, ob es den handelnden Personen etwas bringt, aus den Stiftungen auszusteigen", heißt es von Insidern, die mit dem Insolvenzfall German Pellets beschäftigt sind. Die genannten Personen wären offenbar schon zu stark in dieses Geflecht eingebunden, die Namen womöglich auch den in Deutschland ermittelnden Behörden bekannt. Die Staatsanwaltschaft Rostock ist aktuell noch mit dem deutschen Firmengeflecht von German Pellets beschäftigt, der Schauplatz Wien mit den Stiftungen und GmbHs sei für die Rostocker Staatsanwaltschaft jedoch von großem Interesse, so ein Sprecher zur "Wiener Zeitung". Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung

Derzeit gibt es keine Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft in Österreich. Das Firmengeflecht von German Pellets in Wien ist der Behörde ebenso unbekannt wie die Namen Leibold, Zronek und Malaschofsky.

Schon in den letzten Tagen haben sich die Hinweise verdichtet, wonach es Wolfgang Zronek war, der die Verbindung zwischen Leibold und der Wien-Connection hergestellt haben könnte. Der Steuerberater ist immerhin Geschäftsführer des Österreich-Ablegers von German Pellets. Dieser hätte laut Zronek aber ohnehin "nie etwas getan." Die Firma habe nur diesen Namen gehabt.

Aber auch diese Funktion, so Zronek, wird er in Bälde nicht mehr innehaben. Zronek bestätigt auch, dass die Verbindungen von Leibold nach Wien über ihn gelaufen sind. Er kenne Peter Leibold aufgrund eines früheren Stiftungsmandats, das sei 2009 oder 2010 gewesen, so Zronek: "Seit damals haben wir miteinander zu tun." Mehr möchte er dazu aber nicht sagen, er stehe diesbezüglich nämlich unter Verschwiegenheitspflicht.

Schauplatzwechsel nach Wismar. Die Insolvenzverwaltung in Rostock hat in der Zwischenzeit erreicht, dass in Wismar nach längerem Stillstand die Produktion von Brennstoffen wieder aufgenommen wurde. Gesucht werden von der Behörde Investoren für die Werke. Die Interessentenliste umfasse 122 Namen. Ob die Anleger etwas von ihrem Geld sehen werden, ist weiter fraglich.

Was den Schauplatz Wien betrifft, bleiben Fragen offen. Wer wird sowohl in der Pele bzw. in der Efkrin Privatstiftung in den Vorstand einziehen? Ist das das Ende der Beziehung zwischen Leibold, Malaschofsky und Zronek? Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.