Trotz Warnungen aus den USA hat Indien Irans Präsident empfangen. | Neu Delhi. Über mangelnde Herzlichkeit konnte sich Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad nicht beklagen. Neu Delhi rollte den roten Teppich für den Staatsmann aus, dessen Land US-Präsident Georg W. Bush als "tödliche Bedrohung" für Amerika bezeichnet hat. Der sechsstündige Stopp-over von Ahmadinejad hatte schon zuvor für arge Verstimmung zwischen Washington und Neu-Delhi gesorgt. Die Amerikaner hatten Indien gewarnt, den iranischen Staatschef zu empfangen. Doch das Außenministerium in Neu Delhi hatte nur verschnupft wissen lassen, Indien und Iran seien zwei alte Zivilisationen, die keinerlei Ratschläge bei der Ausgestaltung ihrer diplomatischen Beziehungen bedürften. Es war der erste Staatsbesuch eines iranischen Staatschefs in Indien seit fünf Jahren.
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Energie-Geschäfte
Indiens boomende Wirtschaft hungert nach Energie. Und gerade davon hat der Iran reichlich zu bieten. Ahmadinejad, der schon mal den Holocaust in Frage stellt und die Vernichtung Israels fordert, ist für viele Staaten ein rotes Tuch. Die "New York Daily News" hat ihn wegen seiner berüchtigten rhetorischen Feldzüge einen "Wahnsinnigen" genannt. Doch dies alles tat der Südasien-Tour des iranischen Präsidenten keinen Abbruch.
Mit neuen Energieverträgen will sich der Iran neue Freunde schaffen. Das festgefahrene Gaspipeline-Projekt, das Iran, Pakistan und Indien verbinden soll, ist nun wieder in Schwung gekommen. In gut einem Monat soll das Abkommen über die 2.600 Kilometer lange Röhre unterschriftsreif sein. "Alle noch offenen Fragen werden in 45 Tagen geklärt sein und dann den Chefs der drei Staaten vorgelegt", sagte Ahmadinejad in Delhi. Die Kosten der Erdgas-Trasse sollen sich auf 7 Milliarden US-Dollar belaufen. Teheran verfügt über riesige Erdgasvorkommen, die Indien und Pakistan gut gebrauchen können. Das Projekt selbst ist alt. Doch weil die Pipeline über den Boden von Indiens Erzrivalen Pakistan führt, waren die Verhandlungen stets schwierig gewesen. Nun scheint der Durchbruch nahe. Zuvor hatte der iranische Präsident in Pakistan über die Pipeline-Pläne gesprochen. Auch eine Verlängerung der Pipeline über Pakistan nach China ist in der Diskussion.
Den USA kann die neue Charmeoffensive des Iran nicht gefallen. Sie wünschen sich Unterstützung, um das iranische Nuklearprogramm zu stoppen. Doch Pakistans neue Regierung möchte gern seine Unabhängigkeit von Washington offen zur Schau stellen und auch Indien zeigt sich gern als souveräne Macht. Der Atomdeal zwischen den USA und Indien, mit dem das Gandhi-Land de facto in den Club der Atommächte aufrückt, steht kurz vor dem Verhandlungsabschluss.