Von vielen Unsicherheiten geprägt zeigt sich das aktuelle Stimmungsbild in der österreichischen Industrie. Der Abschwung, der im ersten Quartal dieses Jahres eingesetzt hat und den die Anschläge auf das World Trade Center am 11. September verstärkt haben, dürfte sich fortsetzen.
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Heuer werde sich der Beschäftigtenstand in der Industrie um 12.000 bis 13.000 verringern, eine Trendwende werde frühestens im zweite Halbjahr 2002 einsetzen, so die Sektion Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) bei einem Pressegespräch gestern, Dienstag, in Wien.
Von einer Rezession will der stellvertretende WKO-Syndikus Manfred Engelmann aber nicht sprechen. Zwar werde die vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) in der September-Prognose erwartete Steigerung des Nettoproduktionswertes in der Sachgüterindustrie von 2,3% voraussichtlich nicht gehalten werden können. Die erwartete Exportsteigerung von 4,5% gegenüber 2000 sei aber durchaus erreichbar.
Divergierend zeigt sich die Lage in den einzelnen Industriebranchen. Während noch zwei der insgesamt 20 von der WKÖ befragten Fachverbänden, die Stahl- und die Lebensmittelindustrie, steigende Auftragseingänge für das dritte Quartal 2002 vermelden, sprechen 10 Fachverbände bereits von stagnierenden und 8 bereits von sinkenden Auftragseingängen. Nicht anders die Tendenz bei der Produktion: Für das vierte Quartal rechnen nur mehr drei Branchen mit einer steigen Produktion und sieben Fachverbände mit einer stabilen Produktion. Zehn Branchen erwarten eine rückläufige Produktion.
Preise und Erträge sieht die WKO unter besonders starkem Druck. Einer geringen Entlastung bei den Energiepreisen stehen höhere Arbeitskosten und stark steigende Kosten bei Vormaterialien gegenüber, konstatiert Engelmann.
Ein Signal für Unternehmen wünscht sich in einer solchen Situation Werner Clement, Vorstand des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI). So könnten etwa industriepolitische Maßnahmen für diverse "Eventualitäten" ausgearbeitet werden. Wenn sich dann die Anzeichen für ein bestimmtes Szenario verdichten, wäre die Regierung entsprechend gerüstet. Eine Steuerreform wäre aus Sicht von Clement in jeder Hinsicht ein wichtiges und positives Signal. Schon um den Standort Österreich zu sichern. Denn eine Unternehmensholding könne leicht in einem anderen Land neu gegründet werden, meint Clement.
Einig sind Clement und Engelmann in der Frage eines möglichen "Deficit Spending". Österreich müsse seinen Haushalt stabilisieren, so Engelmann. Steuersenkungen sollten daher nur parallel zu Ausgabensenkungen durchgeführt werden, ergänzt Clement.