EU-Staaten ringen mit hohen Energiepreisen und Umweltauflagen.
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Brüssel. Die Zyprioten zahlen viel für Strom, die Schweden für Gas, die Deutschen stöhnen unter den Förderungen, die sie für Ökostrom mittragen müssen. Und Unternehmen quer durch Europa klagen über zu hohe Kosten, unter denen im weltweiten Vergleich ihre Wettbewerbsfähigkeit leidet. Die Energiepreise und deren Unterschiede in den einzelnen Mitgliedstaaten rücken einmal mehr in den Fokus der EU-Politiker.
Das wird allerdings nicht das einzige Thema sein, mit dem sich die für Umweltschutz und Energie zuständigen Minister bei ihren Sitzungen Anfang der kommenden Woche in Brüssel befassen müssen. Denn die Debatte um die Kosten von Strom und Gas ist eng verknüpft mit dem Tauziehen um Vorgaben zum Klimaschutz einerseits und dem Ruf nach einer Stärkung der europäischen Industrie auf der anderen Seite. Mit all dem sollen sich auch die Staats- und Regierungschefs der EU beschäftigen, wenn sie in drei Wochen zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen.
Dabei müssen sie unterschiedliche Interessen berücksichtigen. So will die EU weiterhin eine Vorreiterrolle bei den Auflagen zum Umweltschutz spielen, doch gleichzeitig eine Strategie für die Industrie entwickeln, die es erlaubt, deren sinkenden Produktionsanteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in einigen Jahren auf 20 Prozent zu heben. Die Betriebe wiederum weisen darauf hin, dass sie mittlerweile doppelt bis dreifach so viel für Energie bezahlen wie Firmen in den USA oder China - und dass sich die Situation durch strengere Vorschriften zum Klimaschutz keineswegs bessern würde.
Dennoch schlägt die EU-Kommission vor, den Kohlendioxid-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent zu senken. Und der Anteil der erneuerbaren Energie solle auf 27 Prozent wachsen. Das ist manchen Mitgliedern zu viel, anderen zu wenig. Eine Einigung auf verbindliche Ziele ist daher bei der Zusammenkunft der Minister nicht absehbar. Ob es sie kurze Zeit später beim Gipfeltreffen geben wird, ist völlig offen.
Sorge um Wettbewerb
Noch scheinen etliche Staaten davor zurückzuscheuen, sich in ihrer Position festzulegen. Österreich gehört zu dieser Gruppe. So bezeichnete Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner vor kurzem die geplante 40-Prozent-Vorgabe als "nicht unproblematisch", vor allem für die Industrie. Andererseits setzt sich Wien für Auflagen für erneuerbare Energie ein und pochte darauf in einem Schreiben an die EU-Kommission, das auch die Minister Deutschlands, Frankreichs und einiger anderer Länder unterzeichnet hatten. Konkrete verbindliche Ziele werden darin aber nicht gefordert.
Die Unternehmen und deren Verbände - wie in Österreich die Industriellenvereinigung - warnen vor einer einseitigen Festlegung: Während Europa Klimaschutz-Vorgaben fixiere, kümmern sich andere Weltgegenden weniger darum. Die Betriebe dort müssten also keine höheren Kosten tragen, was ihnen im Wettbewerb mit den Europäern Vorteile verschaffe. Auch in der deutschen Industrie gibt es massive Einwände. So wird im international tätigen Chemiekonzern BASF klargelegt, dass die Vorstellung einer 40-prozentigen CO2-Reduktion mit den Wachstumsplänen nicht vereinbar ist. "Für die Chemieindustrie ist Energie ein Rohstoff und ein wesentlicher Kostenfaktor", erklärt Claus Beckmann, Bereichsleiter für Energie- und Klimapolitik. Daher müssten die Unternehmen die gestiegenen Preise für Umweltschutz und so auch für Strom berücksichtigen. Damit aber drohe statt der gewünschten Ankurbelung der Wirtschaft der Verlust von Arbeitsplätzen.