Der heimische Produktionssektor fordert auch mehr Fördergelder für seine Forschungsprojekte.
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Österreichs Industrie hat am Gründonnerstag mehrere Forderungen an die Politik gerichtet. Branchenvertreter der Wirtschaftskammer (WKÖ) beklagten vor allem die überhöhte Inflation und die Energiekosten. Nur schwer könnten sich die Unternehmen darauf einstellen. Von "eklatanten Standortnachteilen gegenüber internationalen Mitbewerbern" war die Rede. "Mehr denn je brauchen wir eine Strompreiskompensation, wie sie der EU-Emissionshandel für wettbewerbsintensive Industrien vorsieht", betonte Sigi Menz, Obmann der Industriesparte. "Bei CO2-Preisen von 100 Euro pro Tonne duldet das keinen Aufschub." Viele EU-Länder hätten diese Kompensation bereits umgesetzt.
Verschärft werde das Manko - speziell mit Blick auf Deutschland - durch Zusatzkosten aus der seit 2018 künstlich getrennten deutsch-österreichischen Strompreiszone. "Die Preisdifferenz zu deutschen Unternehmen ist im Jahresdurchschnitt auf mehr als 30 Euro je Megawattstunde gestiegen", so Menz. "Allein 2022 ist den österreichischen Stromverbrauchern daraus ein Nachteil von 1,9 Milliarden Euro erwachsen. Das geht voll zulasten der rot-weiß-roten Industriebetriebe."
Umso schwerer wiegt aus Sicht von Menz, dass sich bereits der nächste Preisschub abzeichnet - aus dem Entwurf zum sogenannten Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG). "Unrealistisch hohe Zielquoten und exorbitante Strafzahlungen für die Gaswirtschaft wären ein Giftcocktail. Das würde eine Abschottung Österreichs vom europäischen Gasmarkt und einen neuen Preisschock für die Industrie bedeuten", warnte Menz in einer Pressekonferenz. "Hier muss dringend nachgebessert werden."
Daneben pocht die Industrie auch auf eine weitere Diversifizierung der Gasimporte, auf den Ausbau heimischer Produktion und auf die Anbindung Österreichs an Pipelines für Gas aus LNG-Terminals sowie den raschen, aber kosteneffizienten Markthochlauf für erneuerbares beziehungsweise klimaneutrales Gas.
Einen bisherigen Bremsklotz sieht Menz unterdessen gelockert: "Die Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfungen wird Verfahren beschleunigen, Investitionen anschieben und uns helfen, die Transformation in Richtung Energiewende rascher zu bewältigen." Ähnliche Fortschritte fordert der frühere Chef der Wiener Brauerei Ottakringer auch in der Digitalisierung im Bereich der Verwaltung.
Verhinderter Forscherdrang
Sauer stößt es der Industrie auch auf, dass die staatlichen Fördertöpfe für Forschung "unterdotiert" sind. Laut Spartengeschäftsführer Andreas Mörk hat zuletzt jedes fünfte Projekt, das sich Unterstützung verdient hätte, mangels budgetärer Deckung nicht bedient werden können. 2022 seien in der Forschungsförderung 226 Millionen Euro abgelehnt worden, jedes zweite Nein habe ein Unternehmen betroffen.
Mörk kritisierte, dass trotz der hohen Inflation nicht geplant sei, die Geldmittel der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) aufzustocken. Dies füge dem Forschungsstandort nachhaltigen Schaden zu. "Wir brauchen kurzfristig 50 Millionen und mittelfristig 100 Millionen Euro pro Jahr für die FFG-Basisprogramme, wenn Österreich den Anspruch auf Innovationsführerschaft ernst nehmen will", so Mörk.
Produktion auf Rekordniveau
Die WKÖ-Bundessparte Industrie umfasst rund 3.400 Unternehmen in 16 Fachverbänden. Im vergangenen Jahr erzielten diese mit einem nominellen Produktionswert von 252,3 Milliarden Euro einen neuen Rekord. Dieser Wert sei jedoch stark von der Inflation und den höheren Energiekosten getrieben gewesen, hieß es. Positiv: Dank guter Auftragslage lag die Beschäftigtenzahl 2022 besonders hoch, durchschnittlich 468.600 Mitarbeitende bedeuteten den zweithöchsten Wert seit 1995.
Zur Industrieproduktion in Deutschland gab es am Donnerstag ebenfalls Zahlen - aktuellere. Dort knüpfte die Branche an ihren starken Jahresauftakt an und steigerte die Gesamtproduktion im Februar um 2,0 Prozent. Großen Anteil daran hatte die Autoindustrie, da die Lieferketten inzwischen wieder reibungsloser funktioneren.(kle)