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Industrie setzt auf Erweiterung

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Die EU-Erweiterung ist ein wichtiges Anliegen der heimischen Industrie. Doch die derzeitigen Debatten zur Blockade von Tschechien werden als kontraproduktiv empfunden. Die Industriellen fordern nun Unterstützung.


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"Das Österreichische Verhindererimage hat schon viel Porzellan zerschlagen". Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer, Werner Tessmar-Pfohl, warnt vor den negativen Folgen, welche weitere Vetodrohungen gegen Tschechien nach sich ziehen könnten. Die wirtschaftlichen Beziehungen bräuchten auch eine gute psychologische Basis. Diese sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden. Gerade für den Wirtschaftsstandort Österreich sei die EU-Erweiterung von enormer Bedeutung, denn sie beschere der Industrie beträchtliche Wachstumschancen. Aber nicht nur die außenpolitischen Belastungen durch die FPÖ sind den Industriellen ein Dorn im Auge, auch das freiheitliche Nein zu einer höheren Tagesarbeitszeit von 12 Stunden stößt auf Unverständnis. "Solange die FPÖ die Betoniererpartie ist, wird unser Standort Nachteile haben." Die Betriebe würden geradezu in die Illegalität getrieben oder gezwungen auszulagern. Um die Industrie zu stärken, müsse noch weit mehr als bisher auf Aus- und Weiterbildung gesetzt werden.

Erhard Busek, EU-Koordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, empfiehlt die wirtschaftliche Potenz der Erweiterungsländer nicht zu unterschätzen. "Sie werden in der nächsten Dekade stark wachsen." Das Wegfallen der Strukturförderungen beurteilt er als weniger dramatisch. Österreich werde sogar profitieren, wenn Geld in Nachbarländer fließt.

Die Infrastruktur nach Norden und Osten weise große Defizite auf. Der Bau von Bahnverbindungen und Brücken "ist total verschlafen worden." Einzig die Verbindung nach Budapest sei gut, der Rest eine "Affenschande". Dem Generalverkehrsplan kann Busek nicht viel Positives abgewinnen. "Das ist der x-te Plan. Der ersetzt aber das Handeln nicht", so Busek gegenüber der "Wiener Zeitung". Er vermutet, dass es sich nur um ein Beschwichtigungspapier handelt, nach dessen Präsentation "wieder zwei Jahre nichts geschehen muss". Die Bahn stärker auszubauen, sei leider nicht mehr als "ewiges Gerede - und das Gegenteil passiert".

Dickes Lob für Wien

Respekt und dickes Lob für die Regionalpolitik erntet die Stadt Wien. Deren Arbeit sei durch das außenpolitische Hick-Hack nicht gefährdet, denn Wien hat "ein gutes unpolitisches Netz" aufgebaut. Busek: "Es gibt exzellente Beamte und mit Stadtrat Rudolf Schicker ist ein äußerst fähiger Mann am Werk." Dass die Bundeshauptstadt beinahe die Interreg-Förderungen verloren hätte, sei die Schuld der Burgenländer, die Wien hinausdrängen wollten. Das Bündnis EU-Kommissar Franz Fischler, LH Waltraud Klasnic (sic!) und Busek selbst konnte die Sache noch reparieren.