Hohe Energiepreise stellen Industrie vor große Herausforderungen. Alternativen zu russischem Gas gibt es derzeit kaum.
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Gas kostete zuletzt 200 Euro pro Megawattstunde. Diesel und Benzin knacken mancherorts schon die 2-Euro-Marke (pro Liter). Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und ein im Raum stehendes Embargo gegen russisches Öl und Gas haben die ohnehin hohen Energiepreise noch einmal massiv befeuert. 80 Prozent des in Österreich verbrauchten Gases kommt aus Russland. Gleichzeitig macht Gas, je nach Berechnungsmethode, rund ein Fünftel des gesamten heimischen Energieverbrauchs aus.
Vor allem für die Industrie spielt Gas eine wichtige Rolle. Energieintensive Hochöfen und Zementwerke werden derzeit großteils damit betrieben. Angesichts der hohen Energiepreise geraten heimische Unternehmen aber zunehmend unter Druck und fürchten um ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Teurer als USA
Die Papierindustrie, gefolgt von der Chemie- und Stahlindustrie verbrauchen das meiste Gas in Österreich, nämlich 5,9 beziehungsweise 5,1 und 4,7 Terrawattstunden, wie Zahlen der Wirtschaftskammer und der Statistik Austria zeigen. Der jährliche Gasverbrauch liegt bei rund 90 Terrawattstunden. Laut E-Control entfielen 63 Prozent auf die Großindustrie und 19 Prozent auf die Haushalte (siehe Grafik). "Ein Stopp der Gaslieferungen würde vorrangig energieintensive Branchen, wie die Papier- und Verpackungsindustrie, die Bauindustrie und die Stahlbranche hart treffen und sich direkt und nachhaltig auf die Bevölkerung auswirken", heißt es auf Nachfrage seitens der Industriellenvereinigung (IV).
Gleichzeitig haben sich die Gaspreise zuletzt im Vergleich zum mehrjährigen Schnitt von 10 bis 25 Euro pro Terrawattstunde verzehnfacht. Und sie sind derzeit zehnmal höher als in den USA, wie das Forschungsinstitut EcoAustria kürzlich vorrechnete. Das habe natürlich auch Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Industriebetriebe am internationalen Markt, erklärt dessen Direktorin, Monika Köppl-Turyna, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
"Das Problem ist, dass es kurzfristig keinen Ersatz für russisches Gas gibt", sagt Köppl-Turyna. "Mittelfristig muss es einen Ausstieg aus Gas und Fossilen geben, aber derzeit sind nur Szenarien realistisch." Die Preise bleiben hoch, aber das Gas fließt trotz Krieg weiter. In diesem Fall müssten die produzierenden Betriebe entscheiden, in welchem Ausmaß sie den Anstieg an die Kunden weitergeben und ob sie nicht profitabel wirtschaften können.
Im zweiten Szenario erfolgt ein völliger Lieferstopp an russischem Gas. "Hier ist wohl eine Rationierung von Gas zu erwarten." Also Haushalte und kritische Infrastruktur zuerst, Produktionsstopps in der Industrie. "In diesem Fall bräuchte es jedenfalls staatliche Unterstützung für die betroffenen Unternehmen, etwa in Form von Kurzarbeit oder Hilfszahlungen", meint der Ökonom des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Michael Peneder.
Abwanderung befürchtet
Wie groß der konjunkturelle Schaden dieses Krieges und der hohen Energiepreise bis hin zu einem Gaslieferstopp ausfallen wird, das kann derzeit noch niemand hervorsagen. Die Situation ist zu unberechenbar und der Preisanstieg derzeit zu stark. Für den Standort verheißt das jedenfalls nichts Gutes. "Die Preisentwicklung ist derzeit dramatisch. Diese lastet schwer auf der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen", so die IV.
"Mittel- und langfristig müssen wir damit rechnen, dass die Lage in der Ukraine unsicher bleibt und sich manche Unternehmen nach neuen Investitionsmöglichkeiten umsehen könnten", so Peneder. Im Klartext heißt das: Firmen könnten ihre Produktion in Länder verlegen, die nicht so stark von russischem Gas abhängig sind; zum Beispiel Polen, das über die fast fertige Baltic Pipe bald mit Gas aus Norwegen beliefert werden soll.
Die USA haben einen Lieferstopp für russisches Öl und Gas notfalls auch ohne die EU in Aussicht gestellt. Deutschland, das ebenfalls stark von russischem Gas abhängig ist, ist derzeit dagegen. Gleichzeitig sind Energieexporte derzeit Russlands einzige Einnahmen aus dem Ausland. Die EU überwies zuletzt laut dem Brüsseler Bruegel-Institut bis zu 700 Millionen Euro täglich für Gas an Russland. Damit wird auch der Krieg in der Ukraine finanziert.