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Die Schwermut der portugiesischen Fado-Musik hat nun endgültig die Finanzmärkte erreicht. Die Zinsen für die begebenen Anleihen sind exorbitant in die Höhe geschnellt, die Banken im Land schreien Alarm, das Finanzministerium in Lissabon spricht von einem "irreparablen Schaden": Mit diesen Zinsen ist es nicht möglich, das Budgetdefizit zu reduzieren.
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Im Juni wird neu gewählt, doch so lange wird es Portugal wohl nicht mehr schaffen. Das nächste Land, das unten den Euro-Rettungsschirm flüchten muss, die Rede ist von 85 Milliarden Euro. Nach Griechenland und Irland erwischt es nun also auch die südwestliche Peripherie der EU.
Portugal ist ein klassisches Beispiel für das Versagen der EU-Industriepolitik. Textil- und Schuh industrie stellen die wesentlichsten Produktionsbetriebe. Genau diese Branchen stehen stark unter Druck, sie wandern gerade nach China und in andere Länder Asiens ab. Portugal hat dem außer Wein und Fisch nichts entgegenzusetzen. Außer Importe, und dementsprechend hoch ist auch das Handelsbilanzdefizit.
Davon kann aber keine Volkswirtschaft auf Dauer leben. Nun hat die EU sich einen "Euro-plus-Pakt" gegeben, der aus lieben Ideen besteht, anstatt die Wirtschaftspolitik zu koordinieren. Dass Europa die Textilindustrie weitgehend verliert, ist indes nicht neu. Portugal hat wirtschaftspolitisch nicht energisch gegengesteuert. Und auch in Brüssel sitzen in der Kommission viele Verwaltungsbeamte, die Klimaschutzziele ausgezeichnet berechnen - aber von Industrie keine Ahnung haben.
Obwohl die EU aus der Gemeinschaft für Kohle und Stahl entstanden ist, hat sie ihre Industriepolitik in den vergangenen Jahren völlig verschlafen. Es wäre klüger, wenn die EU ihre Strukturfonds, die von Johannes Hahn verwaltet werden, nicht nur dazu einsetzt, in armen Regionen zu investieren. Es wäre durchaus angebracht, in den Ländern die Zusammensetzung der Industrie und deren Zukunftsfähigkeit zu bewerten. Die dafür aufzuwendende Summe wäre sicher geringer als jeder Euro-Rettungsschirm. Es würde aber voraussetzen, dass in vielen Regierungen und EU-Gremien Gestalter sitzen und nicht nur Schulden-Verwalter.