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Ineffizientes Bildungswesen

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

Bildung steigert Wachstum und erhöht Einkommen. | Qualität nationaler Bildung variiert oft trotz gleicher Mittel. | Wien. "Bildung baut Brücken zur Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben", sagt Nationalbank-Gouverneur Klaus Liebscher am Montag bei der Eröffnung der 35. Volkswirtschaftlichen Tagung der Nationalbank (OeNB), die sich diesmal dem Zusammenhang zwischen Humankapital und Wirtschaftswachstum widmet.


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Ein bedeutender Faktor für das Wirtschaftswachstum ist die Produktivität. Hier habe sich der Abstand zwischen den USA und Europa in den letzten Jahren vergrößert, sagt Liebscher. Studien deuten darauf hin, dass der Grund dafür einerseits eine starke Betonung von berufsspezifischer statt berufsübergreifender Ausbildung in Europa sei, andererseits gebe es einen Mangel an tertiärer (universitärer, Anm.) Bildung. Gleichzeitig warnt Liebscher davor, Bildungspolitik als "eierlegende Wollmilchsau" zu betrachten, mit der man sämtliche Probleme der Sozial- und Wirtschaftspolitik lösen könne. Bildungspolitik könne Rechtssicherheit, stabile makroökonomische Verhältnisse und eine vernünftige Zinspolitik nicht ersetzen.

Spitzenforschung

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer verweist ebenfalls auf die Wichtigkeit tertiärer Bildung. Rohstoffarme, hochentwickelte Länder wie Österreich könnten ihren Verbleib an der Spitze der reichsten Länder nur dadurch absichern, dass sie innovative Produkte entwickeln. Gerade für die Innovationsfähigkeit sei die Qualität der universitären Ausbildung entscheidend.

"Die Förderung der Spitzenforschung hat oberste Priorität", so Gusenbauer. So wichtig die Spitze aber sei, müsse man dennoch "auch die Breite berücksichtigen". Die Ausbildung müsse auf allen Ebenen verbessert werden.

EU-Währungskommissar Joaquin Almunia verweist darauf, dass eine Steigerung der Bildungsausgaben nicht unbedingt bessere Ergebnisse bringen müsse. Sowohl Portugal als auch Österreich und Finnland geben je 5,6 Prozent ihres Brutto-Inlandsproduktes für Bildung aus. Sie weisen aber bei der Leistung der Schüler enorme Unterschiede auf", sagt Almunia. Das weise darauf hin, dass es in den Bildungssystemen erhebliche Effizienzpotentiale gebe.

Neue Methoden

Wie man diese heben könne, wisse man derzeit noch nicht. Die EU sei jedenfalls gerade dabei, eine Methodologie zu entwickeln, um nationale Bildungsstatistiken besser vergleichbar zu machen. Das sei der erste Schritt zu einer vertiefenden Analyse.

Generell gebe es einen klarer Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Arbeitslosigkeit, so der Kommissar. Personen ohne Mittel- oder Hauptschulabschluss haben eine Erwerbsbeteiligung von 46 Prozent. Bei Personen mit sekundärem Schulabschluss liegt die Erwerbsquote bei 69 Prozent, während Universitätsabsolventen eine Erwerbsquote von 83 Prozent aufweisen.

Lucas Papademos, der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, verweist auch auf den finanziellen Vorteil höherer Bildung: Studien hätten gezeigt, dass jedes zusätzliche Bildungsjahr das Einkommen über das gesamte Erwerbsleben um etwa 7,5 Prozent erhöhe.