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Das Jahr 2013 endete in der Eurozone mit einer Inflationsrate von kaum noch sichtbaren 0,8 Prozent. Das ist angesichts des Geschreis um die Hyper-Inflation, die durch das Gelddrucken der Notenbanken bevorstehen soll, erstaunlich. Und bestürzend, denn in Südeuropa ist eine Deflation, also sinkende Preise, die reale Gefahr. Sinkende Preise bedeuten dort sinkende Beschäftigung und Löhne, das Wohlstandsgefälle in Europa würde noch steiler werden.
Dass die Bevölkerung vor extremer Teuerung Angst hat, ist historisch verständlich, aber irrational. Als die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Fed begannen, mit einer wahren Geldschwemme das Feuer der Krise zu bekämpfen, tauchten die Inflationsängste wieder auf. (Genährt von jener Finanzindustrie, die mit extremen Preissprüngen Milliarden scheffelt.)
Nun mag das Argument, dass die gefühlte Inflation höher ist als die tatsächliche, einen wahren Kern haben - von Hyper-Inflation ist aber auch dann keine Rede. Denn die alte Formel, wonach die von Notenbanken betriebene Geldschöpfung für die Teuerung verantwortlich ist, stimmt nicht mehr. Für die EZB gilt das gar nicht, denn sie hat 2013 ihre Bilanzsumme um mehr als 20 Prozent reduziert. Zweitens geht diese Inflationserwartung von Annahmen aus, die im Reich der Legende anzusiedeln sind: Informations-Gleichstand und rationales Verhalten. Den global wichtigen Zinssatz "Libor" manipulierten wenige Finanzinstitute auf Kosten von hunderten Millionen Menschen. Und die Bocksprünge bei Aktien und Devisen sind das Gegenteil von rational.
Sicher ist dagegen, dass die Konsumneigung in Europa gering ist und die Nachfrage ein ungleich stärkerer Inflationstreiber wäre. Die Teuerung wird also niedrig bleiben, und das noch länger.
Der Mythos Inflation verstellt allerdings den Blick auf die reale Gefahr einer Deflation. Sinkende Preise verhindern Wirtschaftswachstum. Die EZB wird also stur bei ihrem niedrigen Zinssatz bleiben. Hilfreich ist dies nur, wenn die Europäer wieder Vertrauen schöpfen und sich Investitionen zutrauen. Dann wird das Wachstum anspringen, werden Jobs geschaffen. Denn die Inflations-Angstmacher verstellen auch den Blick darauf, dass Massenarbeitslosigkeit für eine Gesellschaft, und damit jeden Einzelnen, viel gefährlicher ist als ein paar Prozent Teuerung.