Was das Reisebüro die Kunden wissen lassen muss. | Von der Passpflicht für Kinder bis zum Klima. | Wien. Ein Mann bucht in einem Reisebüro eine Pauschalreise für sich und seine Familie nach Marokko. Am Flughafen wird ihm jedoch der Check-in verweigert, da er einen eigenen Reisepass für seinen minderjährigen Sohn benötige, die Miteintragung im elterlichen Reisepass sei nicht ausreichend. Die Familie bucht nun auf eigene Kosten eine Last-Minute-Reise nach Mallorca.
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Hätte die Familie wissen müssen, dass ein eigener Pass für den Sprössling notwendig ist? Trägt sie also selbst die Verantwortung für die Unannehmlichkeiten? Nein, findet der OGH.
Denn die Familie wurde vom Reisebüro nicht ordnungsgemäß über die Pass- erfordernisse des Ziellandes aufgeklärt. Da die Urlaubsreise deswegen nicht angetreten werden konnte, sprach der OGH den Reisenden den vollen Rückersatz des Reisepreises der ursprünglich gebuchten Reise zu.
Einzelne Reisebestandteile über Suchmaschinen beim billigsten Anbieter im Internet zu suchen, wird immer beliebter. Allerdings bringt es zahlreiche Vorteile, eine Reise zu einem Pauschalpreis bei einem Reiseveranstalter oder einem Reisebüro zu buchen.
Eine Pauschalreise liegt dann vor, wenn zumindest zwei Reiseleistungen (also etwa die Beförderung und die Unterbringung) zu einem Pauschalpreis angeboten werden. Neben speziellen Gewährleistungs-, Schadenersatz- und Rücktrittsvorschriften sind besonders die Warn- und Aufklärungspflichten zu erwähnen, die Reiseveranstalter und Reisebüro treffen.
Aufklärungspflichten
Liegt eine Pauschalreise vor, so müssen dem Reisenden in Katalogen sowie im persönlichen Gespräch bestimmte Informationen gegeben werden, die ihm eigenständige Nachforschungen ersparen sollen.
Die Pflichten umfassen zunächst Angaben über das Urlaubsziel im Prospekt, um dem Reisenden eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen. Darunter fallen etwa Informationen über den Reisepreis, Art und Klasse von Transportmittel und Unterbringung oder die Reiseroute.
Darüber hinaus bestehen Aufklärungspflichten, die dem Reisenden die Vorbereitung und den Ablauf der Reise erleichtern sollen. So muss er über Pass- und Visumerfordernisse, gesundheitspolizeiliche Formalitäten und mögliche Versicherungen für Rücktritt, Unfall oder Krankheit aufgeklärt werden.
Neben diesen gesetzlich vorgesehenen Pflichten treffen das Reisebüro nach der Rechtsprechung noch weitere Aufklärungspflichten. Der Reisende muss etwa über klimatische Gegebenheiten informiert werden - etwa, wenn in dem gewählten Urlaubsort gerade Hurrikanzeit ist. Auch über religiöse Besonderheiten, die die Reise beeinträchtigen können, muss aufgeklärt werden, etwa wenn aufgrund des Fastenmonats Ramadan tagsüber die Einnahme von Mahlzeiten außerhalb des Hotelzimmers nicht möglich ist.
Hätte der Reisende in Kenntnis dieser Informationen die Reise nicht gebucht, so besteht meist die Möglichkeit, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten und so den Reisepreis oder einen Teil davon zurückzuerhalten. Hätte der Reisende eine andere Reise gebucht, so kann der Vertrag unter Umständen entsprechend angepasst werden.
Ersatz der Urlaubsfreude
Liegt ein Verschulden des Reisebüros oder des Reiseveranstalters vor, so kann zusätzlich Schadenersatz verlangt werden. Damit können Mehrkosten, die durch die fehlende Aufklärung entstanden sind, wie etwa Kosten für einen Notpass oder ein Visum vor Ort, verlangt werden.
Bei schwerwiegenden Verletzungen kann auch ein Ersatz für die entgangene Urlaubsfreude verlangt werden. Werden aufgrund der Verletzung der Aufklärungspflichten die vertraglich geschuldeten Leistungen nicht oder nicht auf die vereinbarte Weise erfüllt, so liegt eine Leistungsstörung vor. Der Reisende kann in der Regel eine vertragsgemäße Leistung verlangen, in manchen Fällen sogar den Reisepreis zurückfordern.
Laurenz Liedermann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zivilrecht der Uni Wien. Einen ausführlichen Beitrag zu diesem Thema lesen Sie in der Zeitschrift "Zak" (Zivilrecht aktuell) von Lexis Nexis.