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Informationssperre

Von Katharina Schmidt

Politik
"Vertraulich", lautet oft das Argument der Ämter.
© ges/Corbis

Behörden verweigern immer noch Auskunft unter Hinweis auf das Amtsgeheimnis.


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Wien. Am Anfang ist alles außergewöhnlich schnell gegangen. Im Jänner 2013 hat der frühere Journalist Josef Barth gemeinsam mit dem Parteienfinanzierungsexperten Hubert Sickinger die Initiative Transparenzgesetz.at gegründet, zehn Tage später ging Staatssekretär Sebastian Kurz mit der Forderung nach einem Informationsfreiheitsgesetz an die Öffentlichkeit. Die SPÖ griff die Idee hocherfreut auf, man debattierte und tagte, fragte sogar die Vertreter der Initiative um ihren Rat.

Dann, kurz vor der Sommerpause, das Aus: Der ausgearbeitete Initiativantrag der Koalitionsparteien zur Lockerung des Amtsgeheimnisses wurde von ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf gestoppt. Er wollte das Gesetz plötzlich doch in Begutachtung schicken. Österreich bleibt damit - vorerst - eines der wenigen Länder weltweit, in denen das Amtsgeheimnis noch in der Verfassung verankert ist und in dem der Bürger als Bittsteller bei der Behörde Auskunft begehren muss.

Dass das derzeit so ist, haben Barth, sein Kollege Markus Hametner und Rechtsanwalt Alfred Noll am Montag in einer Pressekonferenz anhand eines Beispiels erläutert: Schon jetzt besteht die Möglichkeit für Bürger, auf Basis des Auskunftspflichtgesetzes Informationen bei Behörden zu erfragen. Um derlei Anfragen zu vereinfachen, gründete die NGO "Forum Informationsfreiheit", die aus Transparenzgesetz.at hervor gegangen ist, die Internetplattform "Frag den Staat", über die jeder Bürger Eingaben machen kann. So forderte Hametner im Februar 2013 vom Wirtschaftsministerium eine Liste mit allen anerkannten Eurofighter-Gegengeschäften. Das Ministerium verweigerte die Auskunft: Erstens seien noch nicht alle Gegengeschäfte abgeschlossen, daher lege kein "gesichertes Wissen" vor. Zweitens: Aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen wolle man keine Daten veröffentlichen, weil dies die Staatsanwaltschaft in ihrer Arbeit "nachteilig beeinflussen" könnte.

Rechtsanwalt Alfred Noll hält diesen Fall für symptomatisch dafür, dass Behörden in Österreich ganz leicht Informationen unter Verschluss halten können: "Sinn und Zweck des Auskunftspflichtgesetzes ist es, Informationen zu verhindern." Denn es definiere nicht, unter welchen Umständen Behörden Dokumente herausgeben müssen und wann nicht. Das Argument, es liege kein "gesichertes Wissen" vor, sei für niemanden nachprüfbar und gelte wohl für jeden Sachverhalt. Umso nötiger sei eine genaue Definition des Begriffs "Wissen". Das Argument der strafrechtlichen Ermittlung lässt Noll nicht gelten: Auf das dürfe sich eine Behörde höchstens dann zurückziehen, wenn gegen den Behördenleiter selbst ermittelt wird. Hametner hat übrigens Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt - ein Ergebnis steht noch aus.

Immerhin, einen Lichtblick gibt es: Im Regierungsprogramm steht, dass das Amtsgeheimnis in seiner jetzigen Form "überholt" sei und ein Grundrecht zum Zugang auf Information eingeführt werden soll. Wie das ausgestaltet sein soll, lässt die Passage freilich offen. Klar ist nur: Noch im ersten Halbjahr 2014 soll ein Begutachtungsentwurf kommen. Barth forderte die Einbindung der Initiative in die weiteren Schritte in Richtung Informationsfreiheitsgesetz. "Wir waren immer konstruktiv", sagte er. Im Mai hat die Initiative einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt, der seitens der Regierungsparteien unbeantwortet blieb.

Die wesentlichen Inhalte eines solchen Informationsfreiheitsgesetzes: Das umfassende Recht auf Information, der Zugang zu Dokumenten der Verwaltung, eine Veröffentlichungspflicht für Behörden, ein zentrales Online-Register, über das die veröffentlichten Dokumente für alle zugänglich sind und schließlich ein Informationsbeauftragter, der die Einhaltung des Gesetzes überwacht und in Streitfällen vermittelt.

Gesetzesanträge

von Neos und Grünen

Diesen Entwurf haben Grüne und Neos unabhängig voneinander bei der konstituierenden Nationalratssitzung im Oktober eingebracht. "Das Gesetz ist bis Ende des Jahres schaffbar", meint der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser dazu. Er sieht zwei Hauptknackpunkte: Im Regierungsvorschlag waren zehn unterschiedliche Regelungen für Bund und Länder vorgesehen, was die Grünen auf jeden Fall verhindern wollen. "Eine zentrale Regelung ist nötig, aber schwierig durchzusetzen", sagt er. Ebenso kompliziert wird laut Steinhauser die Formulierung der Ausnahmen: Die Grünen wollen konkrete Formulierungen, die Regierung wohl möglichst schwammige. SPÖ und ÖVP brauchen eine Verfassungsmehrheit und damit wohl die Stimmen der Grünen, denn die FPÖ hat sich bereits ablehnend geäußert. Die Neos wollen Druck ausüben. "Sie vertrösten uns seit Monaten, dabei ist nicht mehr viel zu tun", sagt Beate Meinl-Reisinger, deren Antrag am 29. Jänner ins Plenum kommt.

Am Anfang ist alles außergewöhnlich schnell gegangen. Jetzt geht alles gewöhnlich langsam.