Debatte über Holding bei Koalitionsgesprächen. | Kritische Stimmen von Industrie und Experten. | Wien. Bei den gerade wieder angelaufenen Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP wird auch über die Zukunft der österreichischen Infrastrukturpolitik entschieden werden. Während die ÖVP die Anteile, die der Staat an heimischen Infrastrukturunternehmen hält, eher senken möchte, wünscht sich die SPÖ die Bildung einer Holding, unter deren Dach sämtliche Einrichtungen aus den Bereichen Verkehr, Energie und Telekommunikation vereint werden könnten. Ein "österreichischer Eigentümerkern" solle gesichert werden. Die Zukunft wird weisen, ob und wie ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel und SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer in dieser Frage zu einem Kompromiss kommen können. Hitzige Debatten scheinen vorprogrammiert.
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Seit Jahren wird bereits darüber diskutiert, nun aber könnte es mit der Infrastrukturholding ernst werden. Der SPÖ schwebt vor, die Beteiligungen der ÖIAG an Infrastrukturunternehmen in eine neue Holding-Gesellschaft einzubringen. Das würde in erster Linie AUA, Post, Telekom und OMV betreffen. Weiters könnten die Anteile des Staats an Asfinag, ÖBB und Verbund, sowie Länderbeteiligungen an Flughäfen dazukommen. Der Staat solle durch die Holding seiner "versorgungspolitischen Verantwortung" nachkommen.
Während Noch-Finanzminister Karl-Heinz Grasser der Infrastrukturholding im Prinzip positiv gegenüber steht, werden anderenorts im Umfeld der ÖVP, bei den betroffenen Unternehmen und bei Experten kritische Stimmen laut.
So hält etwa Christoph Neumayer, Sprecher der Industriellenvereinigung (IV), eine Infrastrukturholding für schlicht "nicht notwendig". Synergieeffekte zwischen Unternehmen "müsste man sich von Fall zu Fall anschauen". Eine Holding würde hier keinen entscheidenden Mehrwert bringen, da die einzelnen Unternehmen zu verschieden seien.
IV befürchtet mögliche
Quersubventionierung
Darüber hinaus warnt Neumayer, dass in einer solchen Holding "die Gefahr einer Quersubventionierung" zwischen den einzelnen Unternehmen groß sei. Dieser Verdacht scheint nicht unbegründet, gibt es doch gerade im Infrastrukturbereich sowohl hochverschuldete Unternehmen wie die Asfinag als auch profitable wie etwa die OMV. Was die IV als "gefährlich" ansieht, könnte dem Vernehmen nach ausschlaggebend für die Zustimmung Grassers zur Infrastrukturholding sein.
Dabei ist noch gar nicht ausdiskutiert, welchem Ressort diese unterstellt werden soll. Unternehmen wie zum Beispiel die ÖBB, müssen fürchten, in Machtkämpfe zwischen verschiedenen Ministerien verstrickt zu werden. Im Moment sind die Bahn-Agenden beim Verkehrsministerium angesiedelt, eine Holding könnte jedoch in die Zuständigkeit des Finanzministeriums fallen. Hier würden sich politische Faktoren möglicherweise nachteilig auf die Unternehmen auswirken.
Roland Falb vom Beratungsunternehmen Roland Berger ist in diesem Zusammenhang ebenfalls "skeptisch", was die Infrastrukturholding angeht. Laut Falb stünden hier eher "politische Fragen von Macht und Einfluss" im Vordergrund als die Schaffung eines Mehrwerts für die Unternehmen. Dass die Holding eine "Pufferfunktion" zwischen Politik und Wirtschaft übernehmen könnte, glaubt er nicht so recht.
Zu Detailfragen wollte man bei der SPÖ, die das Projekt ja forciert, mit Verweis auf die Koalitionsverhandlungen nicht Stellung nehmen. Man darf also gespannt bleiben, wie die österreichische Infrastrukturpolitik in Zukunft organisiert werden wird.