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Infusion legen statt Bett vorbereiten

Von Ina Weber

Politik
© fotolia/Coka

Die Pfleger und Krankenschwestern an Wiens Gemeindespitälern erhalten mehr Kompetenzen.


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Wien. Dass die Pfleger in den Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) nun ärztliche Tätigkeiten übernehmen müssen, ist bekannt. Die größte Berufsgruppe in Wiens Gemeindespitälern selbst hielt sich bis jetzt aber mit Wortmeldungen zurück. Erst am Donnerstag wurde ein Brief bekannt, in dem Pflegedirektoren die Forderungen der Ärzteschaft kritisieren. "Vereinbart war auch, dass die Leistungsübernahme auch veränderte, optimierte Arbeitsabläufe seitens der Ärzte bedingen muss (...) Argumente werden vorgeschoben, um alte, tradierte Verhaltensweisen weiterführen zu können, etwa 25-Stunden-Dienste mit Schlaferlaubnis, Tagesarbeitszeiten mit Dienstende um 13 Uhr usw.", ärgern sich die Pflege-Führungskräfte. Die "Wiener Zeitung" hat berichtet.

Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt präsentierte die Stadträtin am Freitag die neue Ausbildungsschiene der Pflege und versammelte damit einige Pflegedirektoren, die den Brief mitverfassten. "Die Pflege erfährt gerade ihre größte Veränderung seit 1992", sagte Wehsely. Ab dem Jahr 2018 soll die neue Fachhochschule für Pflege die bisherige Pflegeschule komplett ablösen. Mittels Pilotprojekt gibt es bereits Fachhochschulabsolventen. "Der Anteil der Pflegeforschung auf der FH ist etwas stärker vertreten als an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen", so Astrid Engelbrecht, Direktorin des Pflegedienstes im Krankenhaus Hietzing, zur "Wiener Zeitung". Ansonsten sollen die bisherigen diplomierten Pflegekräfte mit den neuen Bachelorabgängern gleichgestellt sein.

Die Akademisierung der Pflege sei notwendig geworden, weil die Anforderungen andere geworden sind. Sowohl die Medizin würde sich permanent weiterentwickeln als auch Arbeitsabläufe im Spital. "Vor zwei Jahren hat der Pflegerberuf noch ganz anders ausgesehen als jetzt", so Wehsely. Auch Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Direktorin für Organisationsentwicklung im KAV, betonte, wie flexibel sich der Pflegeberuf gezeigt habe.

Die Umstellung der Tätigkeiten der Berufsgruppen begann an einigen Spitälern schon vor einigen Jahren. "Wir haben schon 2011 gemeinsam mit dem Kaiser Franz Josef Spital mit der Pilotierung begonnen", so Brigitte Zummer, Pflegedirektorin am Krankenhaus Floridsdorf. "Wir haben innerhalb der Berufsgruppen Umschichtungen gemacht, uns die Prozesse angesehen und neue Zuordnungen getroffen. So wie die Pflege den mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich der Ärzte übernommen hat, haben wir darauf geschaut, dass von der Abteilungshilfe, die nun Service- und Versorgungsassistentin ist, die Reinigungstätigkeit wegkommt", so Zummer.

Jeder Pfleger, der ärztliche Tätigkeiten übernommen hat, sei davor geschult worden, versicherte Engelbrecht. Dazugekommen seien Tätigkeiten wie die Abnahme von Blut, das Anhängen von Infusionen, das Injizieren von Medikamenten oder das Schreiben von EKGs. Die Pflege sei schon bisher dafür ausgebildet gewesen, habe es aber nicht gemacht, "weil es nicht vorgesehen war".

Natürlich habe es auch Bedenken seitens der Pflegekräfte gegeben, etwa dass für andere Dinge keine Zeit mehr bliebe oder dass das Personal zu knapp sei. "Wir haben aber Stationenverschiebungen vorgenommen, damit jene Bereiche, die mehr brauchen, auch mehr haben", sagte Zummer. Zum Brief sagte sie: "Wir wünschen uns eine rasche Lösung, damit wir wieder arbeiten können."

"Die Masse der Pflegekräfte arbeitet gut mit den Ärzten zusammen", kommentierte Wiens Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres im "Kurier" die Kritik. Szekeres sieht den Versuch, einen Keil zwischen Pflege und Ärzte treiben zu wollen. Es sei bezeichnend, dass nur Führungskräfte unterzeichnet hätten.

Wehsely wollte das Schreiben am Freitag nicht kommentieren. Sie bezog aber kurz Stellung zu den nach dem Ärztestreik aufgenommenen Gesprächen mit der Ärztekammer und übte Kritik. Das Problem sei weniger, dass die Gespräche nicht konstruktiv verlaufen würden, sondern dass sich die Kammerspitze nicht an die Vereinbarung halte, Stillschweigen über die Inhalte des Treffens zu bewahren. Sie selbst sei zuversichtlich, den Konflikt bis Ende kommender Woche - nach Ablauf der selbst gesetzten Zehn-Tage-Frist - lösen zu können.

Der Bund hat die Pflegeausbildung reformiert, die Gesetzesnovelle ist mit September in Kraft getreten. Die Qualifizierung der Gesundheits- und Krankenpflege erfolgt künftig auf drei Schienen: die Pflegeassistenz (bisher: Pflegehilfe) mit einjähriger Ausbildung, die neu geschaffene Pflegefachassistenz mit zweijähriger Ausbildungszeit. Für beide sind weiterhin die Krankenpflegeschulen zuständig. Und die gehobenen Pflegefachkräfte (bisher: diplomierte Pflegekräfte) an Fachhochschulen. Gänzlich umgestellt soll das System 2018 sein. Im September 2017 wird der letzte Jahrgang für diplomierte Pflegekräfte angeboten.

neue Pflegeausbildung